Ethikrat beklagt routinemäßig zugefügtes Leid bei Nutztieren

 (DR)

Die moralische Achtung des Tierwohls verlangt nach Ansicht des Deutschen Ethikrates einen grundlegenden Wandel in der Nutztierhaltung. Nutztieren werde unter den gängigen Zucht-, Haltungs-, Schlacht- und Verwertungsbedingungen "oft routinemäßig Schmerzen und Leid zugefügt", heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie. Die Grenzen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren würden "regelhaft überschritten".

Als Beispiele nennt der Rat das Schreddern von Küken, das Einpferchen von Schweinen, die Kastration von Ferkeln ohne Narkose oder Tierquälerei beim Transport. Das Gremium verlangt von der Politik unzweideutige Reformen.

Im Mittelpunkt der Expertise unter dem Titel "Tierwohlachtung - Zum verantwortlichen Umgang mit Nutztieren" steht die Überlegung, dass höher entwickelte Tiere als Mitgeschöpfe einen "Eigenwert" haben. Dieser verlange eine besondere Schutzwürdigkeit und setze menschlichen Nutzungsinteressen Grenzen. Zwar enthalte das geltende Recht "zumindest vordergründig" strenge Tierschutzvorgaben. Reformbemühungen betreffen demnach aber lediglich Teilaspekte und verlaufen oft im Sande.

Der Rat forderte eine deutlich stärkere Orientierung am Tierwohl und einen achtsameren Umgang mit dem Leben von Tieren. "Allen Nutztieren ist während ihres ganzen Lebens ein möglichst gutes Gedeihen und Befinden zu ermöglichen, das ihren artspezifischen Verhaltensformen und Erlebnismöglichkeiten entspricht." Tieren dürften keine vermeidbaren Schmerzen und Leiden zugefügt werden. Für den Rat reichen hier ökonomische Überlegungen für sich gesehen nicht aus, um Leid und Schmerzen als "unvermeidbar" hinzunehmen.

Die Bedingungen von Zucht, Haltung und Verwertung einschließlich der Tötung von Nutztieren müssten mit guten Gründen gerechtfertigt werden. "Dabei darf nicht pauschal auf die Ernährungsbedürfnisse der Menschen verwiesen werden", hält der Ethikrat fest. Deshalb dürften Nutztiere allein aufgrund ihrer geringeren ökonomischen Erträge nicht pauschal aussortiert und vernichtet werden.

Der Rat betont, dass die grundsätzlichen Schutzstandards zwar im Tierschutzgesetz stünden aber besser umgesetzt werden müssten. Die Vorgaben "dürfen nicht im Wege der Interpretation oder der untergesetzlichen Konkretisierung unterlaufen werden". Für die Konkretisierung brauche es klare, rechtsverbindliche Verfahren, die Tiere und ihre berechtigten Belange angemessen berücksichtigen. (KNA, 16.6.20)