Essens Bischof Overbeck hält Reinigung der Kirche für notwendig

"Es beschämt mich und macht mich fassungslos"

Der Essener Bischof Overbeck hat eine konsequente Aufklärung von Missbrauchsfällen an Minderjährigen in Einrichtungen der katholischen Kirche gefordert. Durch die Veröffentlichung der "ungeheuren Taten" sei eine "Reinigung der Kirche auf den Weg gebracht worden, die notwendig ist und wo nichts Vertröstendes und Verharmlosendes Platz hat".

 (DR)

Was jetzt bekanntgeworden sei, übersteige das für ihn Vorstellbare. «Es beschämt mich und macht mich fassungslos», so der Ruhrbischof in seiner Fastenpredigt am Freitagabend im Essener Dom.

Die Kirche vertrete ein anspruchsvolles moralisches Programm und müsse sich deshalb den Tatsachen stellen, so Overbeck. Schuldige müssten sowohl nach den Gesetzen als auch nach den kirchlichen Maßgaben bestraft werden. Missbrauch dürfe in der Kirche keinen Platz haben. Der Bischof warnte vor einer wachsenden «Vertrauenskrise zwischen Priestern, vielen Gläubigen und zahlreichen anderen Menschen». Bei der Aufarbeitung der Fälle müsse es deshalb vor allem «um eine Anerkennung der Not, der Schmerzen und des zugefügten Leides der Opfer gehen».

Die Leitlinien der Bischofskonferenz für den Umgang mit Missbrauchsfällen seien für das Ruhrbistum in den vergangenen Jahren nochmals konkretisiert worden, erläuterte Overbeck. Ziel sei es, «Vertuschungen und Verschleierungen der durch nichts zu entschuldigenden Taten unmöglich zu machen». Im Bistum gebe es eine Ansprechpartnerin, an die sich jeder im Verdachtsfall wenden könne. Darüber hinaus werde allen Opfern und Angehörigen therapeutische und seelsorgliche Hilfe zugesichert.

Im Ruhrbistum war Mitte Januar ein Fall sexuellen Missbrauchs durch einen Priester an einem Jugendlichen bekanntgeworden. Overbeck hatte den Geistlichen sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe beurlaubt. Die Staatsanwaltschaft stellte dem Mann inzwischen einen Strafbefehl zu. Danach erhält er eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu 70 Euro. Das innerkirchliche Verfahren gegen ihn läuft. Daneben hatten ehemalige Bewohner des katholischen Franz Sales Haus für behinderte Jugendliche in Essen berichtet, sie seien in den 1950er und 1960er Jahren dort misshandelt und teils auch missbraucht worden. Die Verantwortlichen räumten Verfehlungen aus der Zeit ein.

Ökumenischer Kirchentag als Plattform für aktuelle Debatten
Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche sollen auch bei den Veranstaltungen des Ökumenischen Kirchentags in München zur Sprache kommen. Erzbischof Reinhard Marx betonte am Freitag auf einer Präsidiumssitzung des Kirchentags in München, dass das Christentreffen Mitte Mai nicht an den aktuellen Debatten vorbeigehen könne. Dazu gehöre auch, «was an Schrecklichem mitten im Volk Gottes» geschehen ist. Der Ökumenische Kirchentag habe den Auftrag zu zeigen, wie Christen klar und offen mit den Missbrauchsfällen, mit Prävention, Schuld und Vergebung umgehen.

Der evangelische Präsident des Ökumenischen Kirchentags, Eckhard Nagel, sagte, dass auch die Frage gestellt werde müsse, was die Schuldenlast infolge der Finanzkrise für nachfolgende Generationen bedeute. Es sei zu hoffen, dass der Kirchentag zu einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft beitragen kann.

Für die Ökumene erhofft sich der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich, der zusammen mit dem katholischen Münchner Erzbischof Marx Gastgeber des Kirchentags ist, Impulse über das Treffen hinaus. Bereits in der Vorbereitung des Kirchentags habe es viele ökumenische Kooperationen gegeben. Nagel sagte, durch die Einbeziehung orthodoxer Christen könne deutlich werden, dass Ökumene mehr sei als die «Kommunikation» von Protestanten und Katholiken. Es sei schmerzlich, dass es bei dem Kirchentag zu keinem gemeinsamen Abendmahl kommen werde.

Der katholische Präsident des Kirchentags, Alois Glück, sieht in dem Christentreffen eine große «missionarische Chance» für die Kirche. Durch das Treffen könnten auch Menschen Zugang zu Glaube und Verkündigung finden, die von der Kirche nur schwer erreicht würden.

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring-Eckardt, ergänzte, dass der Kirchentag eine Sprache finden müsse, die auch kirchenferne Menschen ansprechen könne. Der Ökumenische Kirchentag müsse zeigen, wie sich Christsein in der heutigen Welt gestalte.

Der 2. Ökumenische Kirchentag findet vom 12. bis 16. Mai 2010 in München statt. Die Veranstalter erwarten rund 100.000 Dauerteilnehmer. Der Ökumenische Kirchentag wird gemeinsam vom Deutschen Evangelischen Kirchentag und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken veranstaltet. Der 1. Ökumenische Kirchentag wurde 2003 in Berlin gefeiert.