Essener Altbischof Luthe begeht diamantenes Priesterjubiläum

Mann des Ausgleichs

Mehr als zwei Jahrzehnte lang war Hubert Luthe Weihbischof im Erzbistum Köln, ehe er vom Rhein an die Ruhr ging: Hier war er von 1991 bis 2002 Bischof von Essen. Auch hier präsentierte er sich als Mann mit Bodenhaftung, des Gesprächs und Ausgleichs.

Autor/in:
Johannes Schönwälder
Bischof Hubert Luthe (Erzbistum Köln)

"Du suchst nicht das Laute und Marktschreierische, sondern das Wesentliche, die Mitte, das Zueinanderführen im Gebet und so das Zueinanderkommen im Brotbrechen." Mit diesen Worten charakterisierte 1994 der damalige Präfekt der Vatikanischen Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, der heutige Papst Benedikt XVI., seinen Studienfreund Hubert Luthe. Der beging gerade sein 25-jähriges Bischofsjubiläum und war zu diesem Zeitpunkt seit etwas mehr als zwei Jahren Oberhirte des Bistums Essen. Dass dies eine gelungene Beschreibung war, beteuerten Weggefährten schon damals. Am Dienstag begeht der frühere Bischof von Essen sein diamantenes Priesterjubiläum.

Der Geistliche aus dem oberbergischen Lindlar hat ein bewegtes Leben hinter sich. Nach dem Krieg studierte er Theologie in Bonn und München. 1953 empfing er die Priesterweihe. Zwei Jahre später machte ihn der damalige Kölner Kardinal Josef Frings zu seinem Geheimsekretär - ein entscheidender Einschnitt in Luthes Leben. Er begleitete den fast blinden Erzbischof nach Rom zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Mit päpstlicher Sondergenehmigung durfte er als einziger Kaplan an den Beratungen teilnehmen. Heute ist Luthe einer der letzten Zeitzeugen der Kirchenversammlung. Ab 1969 wirkte er über mehr als zwei Jahrzehnte als Weihbischof in Köln, bevor ihn Papst Johannes Paul II. 1991 zum zweiten Bischof des Bistums Essen ernannte. Die feierliche Einführung erfolgte am 2. Februar 1992.

"Neugierig von Wesen und Beruf her"
Man erzählt noch heute, dass Luthe zwei Tage Bedenkzeit brauchte. Der Wechsel vom Rhein an die Ruhr fiel ihm schwer, wie er später zugab. Auch wusste er, dass er keine leichte Nachfolge antrat. Kardinal Franz Hengsbach hatte das Ruhrbistum von der Gründung 1958 an geführt. Für ihn, der aus Verbundenheit mit den Bergleuten ein Stück Kohle im Bischofsring trug, war das Wort "Ruhrbischof" erfunden worden.

Doch Luthe nahm die Herausforderung an, beschrieb sich selbst damals als "neugierig von Wesen und Beruf her" und setzte bald eigene Akzente. Als Ruhrbischof engagierte er sich besonders für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Innerkirchlich brachte er 1997 einen Kooperationsplan für die Diözese auf den Weg. Er wusste um die Notwendigkeit des Sparens. Die Zahl der Kirchenmitglieder in der Diözese war seit Bistumsgründung um ein Drittel gesunken - mit spürbaren Auswirkungen auf die Kirchensteuereinnahmen. Schließungen und Stellenabbau folgten.

Nach Erkrankung wieder erholt
Dabei war und ist Luthe immer nah bei den Menschen. Die Ruhrpottler waren dem Sohn einer Kölnerin und eines Wattenscheiders von Anfang an nicht fremd. Wichtig ist dem Bischof die Unabhängigkeit vom Zeitgeist, wozu er besonders junge Leute auffordert. Auch mehr Toleranz wünscht er sich von ihnen und ermutigt sie zu kritischem Denken. Toleranz ist für Luthe auch das entscheidende Stichwort für das Zusammenleben der Religionen, speziell mit den Muslimen. Luthe bereiste islamische Länder wie Syrien und den Irak. "Mir scheint wichtig, wenn man auch die Sprache nicht spricht, dass man deren Kultur, deren Denkweise kennenlernt." Deshalb lese er auch ab und zu im Koran.

Nach seinem Rücktritt vom Bischofsamt 2002 mit 75 Jahren erkrankte Luthe lebensgefährlich, erholte sich aber wieder. Bis vor kurzem lebte er in Hattingen. Die Geburtsstadt des 2001 seliggesprochenen Arbeiterführers Nikolaus Groß (1898-1945) hatte er sich als Alterssitz gewählt. Den Initiativkreis, der die Seligsprechung vorantrieb, hatte Luthe ins Leben gerufen. Vor kurzem musste der Alt-Bischof jedoch umziehen. Denn das ordensgeführte Haus wurde aufgegeben. Luthe lebt jetzt in einer Senioreneinrichtung in Essen-Steele. Mehr als über den erzwungenen Ortswechsel wird der als Büchernarr geltende Geistliche sich darüber geärgert haben, dass er ein weiteres Mal seine Bibliothek ausdünnen musste.


Quelle:
KNA