Erzbistum rückt nach Kritik an "judenfeindlichem" Text von Papier ab

"Konstruktive und souveräne Reaktion"

Das Erzbistum Köln rückt von einem eigenen Arbeitspapier ab, das als antijüdisch kritisiert wurde. "Wir müssen die sachlich vorgetragene Kritik als weitgehend begründet ansehen", schreibt der Leiter des Kölner Seelsorgeamtes, Pfarrer Markus Bosbach, in einem Rundbrief an den Vorsitzenden des Arbeitskreises "Juden und Christen" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Hanspeter Heinz, sowie andere Kritiker.

 (DR)

In einer Musterkatechese an alle Seelsorger des Erzbistums zur Vorbereitung des Eucharistischen Kongresses 2013 in Köln hatte der Autor des Textes, der Frankfurter Jesuit und Alttestamentler Dieter Böhler, den Kreuzestod Jesu als Sühne für den Ungehorsam des Volkes Israel gedeutet und von dessen Verwerfung durch Gott gesprochen. Dies rief Heinz und andere Experten auf den Plan, die von einem theologischen Rückfall in judenfeindliche christliche Klischees sprachen.

Bosbach teilt inzwischen die Auffassung einer antijüdischen Tendenz des Textes insgesamt. "Ich entschuldige mich hiermit auch dafür, dass wir es hier an der besonderen Sorgfalt haben fehlen lassen, die so ein sensibles Thema verdient", heißt es in dem Schreiben von Bosbach. Er bedauere zutiefst den dadurch möglich gewordenen Eindruck einer Zurücksetzung des Judentums. Der strittige Text soll, wie es heißt, nicht mehr verbreitet oder in der Seelsorge verwendet werden.

Weg der Begegnung und des Dialogs
Bosbach schreibt weiter: "Mit allen Verantwortlichen im Erzbistum Köln bekenne ich mich ohne Wenn und Aber zu der kirchlichen Lehre, wie sie durch das Zweite Vatikanische Konzil formuliert und von den Päpsten seither vertieft wurde. Die bleibende Erwählung Israels wird in diesen Aussagen immer wieder betont; Gottes Bund mit seinem Volk ist nicht gekündigt. Auch wenn ein großer Teil der Juden das Evangelium nicht angenommen hat, bleiben sie - auch aus kirchlicher Sicht - immer noch von Gott geliebt, "sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich" (Nostra aetate 4)." Diese Überzeugung bestimme die Grundhaltung der Verantwortlichen im Erzbistum Köln.

Im Band des Glaubens seien "Juden und Christen miteinander verbunden und vereint in einem gemeinsamen geistlichen Erbe, aber zugleich auch voneinander getrennt im Bekenntnis zu Christus, dem Herrn". Diese Unterschiedenheit im Glauben dürfe, so Bosbach, niemals Anlass oder gar Rechtfertigung von Antijudaismus sein. Beide Völker stünden nach dem Zeugnis der Schrift unter dem Segen Gottes.

Lob für schnelle Reaktion
Heinz zeigte sich im Gespräch mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" zufrieden. Eine so konstruktive und souveräne Reaktion auf Kritik gebe es selten. Böhler wollte sich auf Anfrage nicht zu der Distanzierung des Erzbistums von seinem Text äußern, kündigte aber Gespräche mit den Kritikern an, wie die Zeitung berichtete.

Bereits nach dem Bekanntwerden des ersten Teils des Textes hatten Experten aus katholischer Kirche und Judentum den Text wegen offenbar judenfeindlicher Aussagen scharf kritisiert. Dieser Text bringe alles in Misskredit, was in Jahrzehnten des jüdisch-christlichen Dialogs erreicht worden sei, hatte der frühere westfälische Landesrabbiner Henry Brandt gesagt.

Der von dem Frankfurter Jesuitenpater Dieter Böhler verfasste Text sei ein "horrendes Jonglieren mit Bibelversen, das aus dem Alten Testament Konfetti macht", sagte Brandt, der auch Mitglied des Gesprächskreises "Juden und Christen" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und jüdischer Vorsitzender des Deutschen Koordinierungsrates