Erzbischof Zollitsch hält Grundsatzrede

Kirche vor der Wahl

Einen verstärkten Einsatz für Familien, Flüchtlinge und Menschen am Rand der Gesellschaft hat der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch am Montag in Berlin gefordert.

Erzbischof Zollitsch und Bundeskanzlerin Merkel  (dpa)
Erzbischof Zollitsch und Bundeskanzlerin Merkel / ( dpa )

Es gehöre zum Kernauftrag der Kirche, für eine Werteorientierung in der Politik einzutreten, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz beim traditionellen Sankt-Michaels-Empfang der katholischen Kirche in Berlin. An dem Empfang nahmen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Joachim Gauck, der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sowie die Bundesminister Wolfgang Schäuble und Ronald Pofalla (beide CDU) und weitere Spitzenpolitiker aller Parteien teil. Es war die letzte Rede, die Zollitsch in diesem Rahmen als Vorsitzender der Bischofskonferenz hält. Seine Amtszeit endet im kommenden Frühjahr.

Im Zentrum des kirchlichen Engagements stünden die Menschenwürde und die Orientierung am Allgemeinwohl, betonte Zollitsch. Mehrfach erinnerte er an die Impulse von Papst Franziskus, etwa mit Blick auf den Einsatz für Flüchtlinge und für eine gerechtere und solidarischere Welt. Der Konferenzvorsitzende betonte, es könne die Kirche nicht unberührt lassen, dass es in Deutschland verhältnismäßig mehr Geringverdiener gebe als in anderen EU-Ländern und dass Migranten oft unter unakzeptablen Bedingungen arbeiteten.

Mit Nachdruck setzte sich Zollitsch für die Familien ein und sagte: "Unsere Gesellschaft ist auf Ehepaare und Familien angewiesen, die das Zusammenleben tragen und bereit sind, Leben weiterzugeben. Darauf fußt der besondere Schutz des Grundgesetzes für Ehe und Familie." Wegen der besonderen Belastungen dieser Gruppe forderte der Erzbischof mehr Geld und vorteilhaftere Gesetze für alleinerziehende Mütter und Väter.

Im außenpolitischen Teil seiner Rede ging Zollitsch vor allem auf die Entwicklungen in Ägypten und Syrien ein. Er beschwor die Politiker, alles ihnen Mögliche zu tun, um das Überleben der christlichen
Minderheit im Nahen Osten zu sichern. Die Christen seien in der Gefahr, zwischen den Fronten des innerislamischen Kulturkampfes zerrieben zu werden. Das Ende des christlichen Orients sei eine
"finstere Möglichkeit unserer Epoche", die es zu verhindern gelte.

Der eigene Abschied

Mit Blick auf ethisch umstrittene Gesetze in der zu Ende gehenden und der kommenden Legislaturperiode betonte Zollitsch die Rolle der katholischen Kirche als unbequemer Mahner gegenüber der Politik. Ihre Bedenken gegen die ethischen Verschiebungen durch die Legalisierung der Präimplantationsdiagnostik (PID) bestünden weiter. «Unsere Verantwortung dem Leben gegenüber, dem eigenen, dem noch nicht geborenen und dem zu Ende gehenden, wird in dem Maße wachsen, in dem unser Wissen und Können zunimmt», erklärte der Erzbischof. Die Kirche habe den Auftrag, ethische Grenzen aufzuzeigen, die sich aus dem christlichen Menschenbild ergeben.

Am Ende dankte Zollitsch all jenen Abgeordneten, die aus Alters- oder sonstigen Gründen nicht mehr dem Bundestag angehören werden. Seinen eigenen, im kommenden Frühjahr anstehenden Rückzug aus dem Amt des Bischofskonferenz-Vorsitzenden erwähnte er nicht ausdrücklich. Und dennoch war der lange Beifall der Berliner Polit-Prominenz nach der Rede Zollitschs auch ein Abschieds-Applaus für einen Mahner, der sich weit über die Grenzen seiner Konfession hinaus auf der politischen Bühne Respekt erworben hat.


Quelle:
KNA , DBK