Erzbischof Zollitsch appelliert an die G20-Staaten

Auch die Interessen der Armen beachten

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, fordert mit Blick auf die gegenwärtige Wirtschaftskrise eine globale Ordnungspolitik, die auch die Interessen der armen Länder berücksichtigt. Zollitsch appellierte am Freitagabend in London an die Teilnehmer des kommenden G-20-Gipfels, die Krise zu nutzen und konkrete Beschlüsse für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung zu fassen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Zollitsch: Hier mit Bischof Huber (KNA)
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Zollitsch: Hier mit Bischof Huber / ( KNA )

Die Gruppe der sogenannten G-20-Staaten, zu der die wichtigsten
Industrie- und Schwellenländer gehören, will Anfang April in London über Schritte aus der Krise beraten. Zollitsch hält sich bis Samstag in der britischen Hauptstadt auf. Am Abend hielt er eine Rede vor dem «German Symposium» der renommierten London School for Economics and Politics. Sie gehört der University of London an und ist eine der besten Adressen volkswirtschaftlicher Forschung in Europa.

Auf dem Programm Zollitschs stehen ferner Gespräche in der Deutschen Botschaft, beim Erzbischof von Westminster, Kardinal Cormac Murphy-O'Connor und der deutschsprachigen Pfarrgemeinde St. Bonifatius.

Nach Einschätzung des Erzbischofs tragen «die Bannerträger einer freien Wirtschaft ein gehöriges Maß an Mitverantwortung» an der gegenwärtigen Krise. Kaum etwas habe den Gedanken der wirtschaftlichen Freiheit mehr diskreditiert als die unablässigen Versuche, jede Form staatlicher Rahmensetzung, Kontrolle und Regulierung abzulehnen. «Gerade wer Freiheit fordert, muss auf einer Ordnung der Freiheit bestehen», betonte Zollitsch.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz bekannte sich zu einer auf Gewinn orientierten Wirtschaftsordnung. Zwar sei der Gewinn «selbstverständlich die zentrale Voraussetzung für das Fortbestehen einer Bank oder eines Unternehmens». Dennoch müsse die Frage gestellt werden, in welcher Weise Gewinne erwirtschaftet werden und welche Verantwortung Unternehmer und Manager auch für die Gesellschaft haben.

Der Erzbischof warnte zudem vor einem verengten Bildungsbegriff. Bildung dürfe nicht nur die Marktfähigkeit und die Mehrung des sogenannten Humankapitals zum Ziel haben. Hinter einem solchen Denken verberge sich «ein wenngleich hoch modernes Programm der Verzweckung und Domestizierung des Menschen». Richtig verstandene Bildung bedeute auch «die Befreiung des Menschen aus der Enge von Unwissenheit, Vorurteilen und falscher Bindung an Traditionen». Sie eröffne Horizonte und helfe dem Menschen «zu einem eigenen verantworteten Urteil und einer Lebenspraxis, die seiner Würde entspricht».

Mit Blick auf das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland warnte Zollitsch vor Tendenzen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung, die negative Religionsfreiheit überzubewerten und das religiöse Bekenntnis aus dem öffentlichen Raum zu verbannen. Insbesondere kritisierte er «die bisweilen fast religionsfeindlich anmutende Politik des Berliner Senats», die eine Aufwertung des Religionsunterrichts an Schulen verhindern wolle.