Erzbischof Schick zeigt sich beeindruckt vom Wirken der Katholiken in Tunesien

"Da tut sich etwas"

Gut ein Jahr nach Beginn des "Arabischen Frühlings" hat Erzbischof Ludwig Schick Tunesien besucht. Im domradio.de-Interview spricht der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz über die lebendige katholische Minderheitskirche in dem Land.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick (KNA)
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick / ( KNA )

domradio.de: Was haben Sie von der erhofften Freiheit in Tunesien wiedergefunden?

Schick: Die Hoffnung ist da. Und Christen haben immer Hoffnung. Das gilt auch für die Christen in Tunesien. Ich habe eine sehr lebendige Kirche dort erlebt. Eine sehr kleine Kirche, die über sich selber sagt: Wir sind eine Kirche von Ausländern für Ausländer. Fast alle Priester und Ordensleute stammen nicht aus Tunesien, sondern aus Spanien, Frankreich, England oder Argentinien. Aber sie arbeiten sehr viel, sehr gut und sehr wirksam. Vor allen Dingen kümmern sie sich um die Menschen, die, wie sie es getan haben, nach Tunesien einwandern. Das sind vor allen Dingen Schwarzafrikaner aus Westafrika; das sind ganz viele Studenten, weil Tunesien ein sehr entwickeltes Land ist. Und viele sehen die Möglichkeit, später nach Europa überzusiedeln - um dort bessere Lebensbedingungen zu erhalten.



domradio.de: Wie kann man sich denn das Leben der Christen in Tunesien vorstellen?

Schick: Das Leben ist nicht nach außen begrenzt. Sie haben ihre Kirchen und sie halten ihren Religionsunterricht in ihren Mauern, die katholische Kirche hat auch viele Schulen, die fast nur von Muslimen besucht werden: Die Kirche ist auch in die tunesische Gesellschaft hinein tätig, sie wirkt missionarisch und evangelisatorisch, indem sie die christlichen Werte verbreitet, indem sie mit den Menschen ins Gespräch kommt, über Bibliotheken und in den Schulen. Direkte Mission ist nicht möglich, aber das Evangelium verbeichtet sich trotzdem. Und es gibt auch immer Konversionen, wenn auch nicht viele.



domradio.de: Was hat Sie am meisten in Tunesien beeindruckt und fasziniert?

Schick: Mich hat vor allen Dingen beeindruckt und fasziniert die Lebendigkeit der Kirche: wie sie ihre begrenzten Möglichkeiten nutzt, um als Christen zu leben, Zeugnis zu geben, gute, ansprechende Gottesdienste zu halten. Ich habe in den Gottesdiensten wirklich schöne Chöre und Bands gehört. Und in den Schulen eine Atmosphäre der christlichen Güte und Liebe wahrgenommen. Da tut sich etwas.



Hintergrund: Auf dem Programm der Reise (9. bis 12. April 2012) stand unter anderem ein Treffen mit dem Diözesanklerus von Tunis, die Begegnung mit Migranten und Flüchtlingen, der Besuch von Schulen und verschiedenen sozialen Einrichtungen der Kirche in Tunis sowie eine Begegnung mit Vertretern anderer christlicher Kirchen im Amtssitz des Anglikanischen Bischofs von Tunis.



Das Gespräch führte Monika Weiß.