Erzbischof Schick plädiert für Erhalt des Entwicklungsministeriums und gegen soziale Kälte

Kirche als Anwalt der Ausgegrenzten

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fordert die Union auf, sich klar zum Erhalt des Entwicklungsministeriums zu bekennen. Der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für weltkirchliche Fragen betont im domradio-Interview, die Entwicklungshilfe dürfe nicht der Außenpolitik zugeordnet werden. Zudem sieht Schick nun die Kirchen gefragt, Benachteiligte im Blick zu behalten und sozialer Kälte vorzubeugen.

 (DR)

domradio: Sie haben an die künftige Bundesregierung appelliert, das Entwicklungsministerium zu erhalten. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Erzbischof Schick: Das Entwicklungsministerium existiert seit 1961 und es hat sich bewährt. Es hat in den letzten Jahrzehnten immer den Blick von Außen nach Innen getragen, sich damit beschäftigt, wie es den Entwicklungsländern geht, welche Probleme sie haben und welche Möglichkeiten sie sehen, dass ihnen von uns geholfen werden kann. Das hat die Entwicklungspolitik und die Zusammenarbeit für diese Länder sehr gestärkt, hat wirklich gute Folgen gehabt und deshalb sollte man es erhalten.

domradio: Es wird argumentiert, das Auswärtige Amt hätte die besten Informationen über die jeweiligen Länder, das sei eine Zusammenlegung sinnvoll. Was würden Sie dem entgegnen?
Erzbischof Schick: Die Außenpolitik schaut immer von Deutschland in die anderen Länder und sieht, wie wir dort präsent sein, unsere Wirtschaft stärken und unserer Interessen hineintragen können. Es muss aber auch den anderen Blick geben. Wir müssen uns in die Lage der Entwicklungsländer versetzen, der Menschen dort, und dann von dort zu uns transportieren, wo denn eigentlich die Sorgen, Notlagen und Probleme sind. Deshalb ist es wichtig, dass dieses Ministerium erhalten wird.

domradio: Befürchten Sie, dass die Entwicklungszusammenarbeit in einer schwarz-gelben Koalition stärker unter den Tisch fallen wird als bisher?
Erzbischof Schick: Ich hoffe nicht! Christen sind immer Menschen der Hoffnung und der Zuversicht. Aber es geht bei der FDP schon sehr stark darum, wie die deutschen Interessen gefördert werden können und wie Deutschland stärker werden kann. Da kann es geschehen, dass die Probleme der anderen nicht mehr so gesehen werden. Von daher ist es auch meine Aufgabe von der DBK her, uns einzubringen und zu sagen, bei all unseren Eigeninteressen dürfen wir die Nöte und Probleme der anderen nicht vergessen. Auch deshalb nicht, weil in einer globalen Welt die Probleme der anderen auch sehr schnell unsere werden. Denken Sie nur an die Immigrationsprobleme, die wir haben, weil in den anderen Ländern die Not so groß ist. Deshalb gibt es illegale Integration und haben wir diese Probleme. Das ist nur ein Beispiel, es gibt noch viele andere Probleme, weil wir uns nicht genügend in den Entwicklungsländern engagieren.

domradio: Viele befürchten, dass es in Deutschland nach der Wahl sozial kälter wird - Teilen Sie diese Befürchtungen?
Erzbischof Schick: Aufmerksam müssen wir sein. In der neuen Koalition ist sehr stark Deutschland im Blick und hier vor allen Dingen die Eliten und die Bildungsinitiativen. Das ist auch gut zu heißen und zu fördern, aber bei all diesen Initiativen muss gemahnt werden, dass die, die nicht zu den Eliten gehören, nicht vergessen werden und dass für die, die sich nicht selber voranbringen können und ihre Probleme selber lösen können, das soziale Netz erhalten bleibt. Das sind die Menschen in den Altenheim, die Behinderten, die minderbegabten Schüler und Schülerinnen, die auf die Haupt- und Förderschulen gehen müssen. Wenn das nicht im Blick bleibt und genommen wird, dann wird es sozial kälter.

domradio: Wenn sich da in der Gesellschaft wirklich die Gewichte verschieben sollten - Wie sind dann in Ihren Augen die Kirchen gefordert?
Erzbischof Schick: Die Kirchen müssen unbedingt ihre Rolle wahrnehmen. Diese ist es nicht, politisch zu sein wie Politiker. Die Kirchen müssen evangeliumsgemäß politisch sein. Das heißt vor allen Dingen, die einzelnen Menschen im Blick zu haben und dort vor allen Dingen die Schwächsten. Für sie sich einbringen und Position ergreifen. Wir müssen der Politik begreiflich machen, es gibt auch die, die nicht immer zuerst gesehen werden und sich nicht selber einbringen können. Auf die aufmerksam zu machen und sich als Anwalt für die Armen, Schwachen, Behinderten und Ausgegrenzten und auch die Immigranten stark zu machen, das ist Aufgabe der Kirche. Und das muss sie im Augenblick ganz stark tun, damit bei der Koalition diese Menschen klar im Blick bleiben.