Erzbischof Schick fordert Fußball-Fans zum Protest auf

Flagge zeigen

Ein klares Signal für Menschenrechte bei der EM erwartet der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, von den Fußballanhängern. "Warum sollten nicht auch Fans bei den Spielen ein Plakat hochhalten: Keine Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine", sagte der Bamberger Erzbischof am Dienstag.

Gegen Waffengeschäfte: Erzbischof Ludwig Schick (KNA)
Gegen Waffengeschäfte: Erzbischof Ludwig Schick / ( KNA )

Auch die Spieler und die Verantwortlichen der UEFA müssten Flagge zeigen, so Schick. Er könne daher verstehen, wenn Politiker nicht zur EM reisten. Gleichzeitig wies Schick darauf hin, dass die Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine schon länger bekannt seien. Organisationen wie Amnesty International oder Reporter ohne Grenzen hätten darauf immer wieder aufmerksam gemacht. Trotzdem sei es gut, dass nun der Fall Timoschenko eine Debatte darüber ausgelöst

habe: "Wenn man etwas für die Menschenrechte tun kann, ist es eigentlich nie zu spät." Schick warnte jedoch davor, die Debatte nur emotional zu führen. Es brauche ein langfristiges Eintreten für Veränderungen.



Zugleich verteidigte der Weltkirche-Bischof die Vergabe der EM an die Ukraine. Als dies geschehen sei, habe es durch die Orangene Revolution zwischenzeitlich Verbesserungen gegeben: "Eine solche Entscheidung für ein Sportereignis kann für ein Land ein Stück weit Signal sein", so Schick. Wie die Olympischen Spiele dienten auch andere internationale Sportveranstaltungen dazu, Frieden und Völkergemeinschaft zu stärken. Daher müssten bei der Vergabe die Achtung der Menschenrechte und Demokratie eine entscheidende Rolle spielen.



Bischof Bode fordert politischen Druck

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode wünscht sich stärkeren politischen Druck angesichts der Menschenrechtsverletzungen im Gastgeberland der Fußball-Europameisterschaft. "Es war gut, dass der Bundespräsident seinen Besuch in der Ukraine abgesagt hat, um ein Zeichen zu setzen. Und ich denke, dass es gut ist, den Druck von außen zu erhöhen, damit diese Unrechtsstrukturen abgebaut werden", sagte Bode domradio.de.



Die Fußball-EM findet vom 8. Juni bis 1. Juli in der Ukraine und in Polen statt. In Osnabrück wird am Sonntag die Pfingstaktion des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis eröffnet. Unter dem Motto "Und er stellte ein Kind in ihre Mitte" geht es vor allem um Hilfsprojekte für Kinder im Osten Europas. Dabei gehört die Ukraine mit ihren großen sozialen Problemen zu den Schwerpunktländern der Aktion.



Unterdessen vermissen Menschenrechtler ein Signal vom Deutschen Fußball-Bund (DFB). Der deutsche Fußball dürfe sich wenige Wochen vor Beginn der Fußball-EM nicht zum Statisten für den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch machen lassen, erklärte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt. "Das gewünschte rauschende Fußball-Fest wird es zumindest in der Ukraine nicht geben und mit jedem durch das Schweigen der Sportfunktionäre verlorenen Tag wird das Fußball-Ereignis auch in Polen weiter geschädigt."



Konkret sprach sich die IGFM dafür aus, dass DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und andere Spitzenfunktionäre keine Termine in der Ukraine wahrnehmen, solange die ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko in Haft ist. Auch der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger räumte in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk ein, dass der Sport sich positionieren müsse. Dabei stünden nicht nur die Nationalspieler in der Pflicht. "Was ich mir wünschen würde, wäre ein klareres Bekenntnis der führenden Sportfunktionäre", sagte er auf hr-iNFO.



Verband gegen Boykott

Einen sportlichen Boykott oder eine Absage der EM in der Ukraine bezeichnete Zwanziger als Populismus. "Damit haben wir in der Vergangenheit bei anderen Ereignissen überhaupt nichts erreicht." Ähnlich äußerte sich, ebenfalls auf hr-iNFO, der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach. Es zeige sich jedoch, dass das Großereignis schon jetzt zu einer Auseinandersetzung mit den politischen Verhältnissen in der Ukraine geführt habe; darin liege die "Kraft des Sports".



Amnesty International hält derweil einen Boykott nicht für sinnvoll. Stattdessen sollten Besucher der EM auf die Menschenrechtssituation aufmerksam machen, sagte der Generalsekretär von Amnesty-Deutschland, Wolfgang Grenz, dem epd. Der evangelische Sportbeauftragte Bernhard Felmberg befürwortet dagegen, dass deutsche Politiker Stadion-Besuche in der Ukraine absagen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium, Gudrun Kopp (FDP), sprach sich dafür aus, die in der Ukraine angesetzten EM-Spiele möglicherweise in Polen auszutragen.



Evangelische Kirche: Austragungsort nicht infrage stellen

Der Sportbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälat Bernhard Felmberg, hält einen politischen Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine für angemessen. "Es ist gut, den Verantwortlichen in der Ukraine deutlich zu machen, dass Deutschland es nicht toleriert, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden", sagte der Bevollmächtigte des Rates der EKD dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag in Berlin.



Felmberg warnte jedoch davor, den Austragungsort der Fußballspiele an sich infrage zu stellen. "Die EM in der Ukraine bietet die Chance, diese Menschenrechtsverletzungen klar zu benennen und von der ukrainischen Regierung mit Nachdruck Veränderungen einzufordern", sagte der EKD-Bevollmächtigte bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union. "Es ist zu befürchten, dass die Situation der inhaftierte Politikerin Julia Timoschenko unter normalen Umständen nicht so viel Aufmerksamkeit erfahren hätte."