Morgenimpuls von Schwester Katharina

"Erzähl mir ein bisschen"

Schwester Katharinas Mutter liegt im Krankenhaus. "Erzähl mir ein bisschen", darum hat sie gebeten – und sehr zufrieden zugehört. Für Schwester Katharina ein Grund, das Jahr unter diese Überschrift zu setzen. 

Symbolbild Zuhören / © shalaku (shutterstock)

Meine Mutter liegt seit einigen Tagen schwer krank auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Und so habe ich die Tage zwischen den Jahren bis Silvester bei ihr gesessen, und wenn es ihr ein bisschen besser ging, hat sie gesagt: Erzähl mir ein bisschen. Und so hab ich ihr erzählt. Von den Abenden mit meinen Brüdern und Nichten, von den ersten Wettbewerben der Vierschanzentournee, die sie immer sehr ausgiebig geschaut hat. Von den Krippen in den umliegenden Kirchen, die ich mir angeschaut hatte, besonders ihre Heimatkirche im Nachbardorf. Und sie hat immer sehr zufrieden zugehört, und ihr Atem und ihr Herz haben sich beruhigt. Erzähl mir ein bisschen, ist ja eine schöne Überschrift für ein neues Jahr.

Wie sollen wir sonst voneinander wissen, von allem, was uns beschäftigt und bewegt und wie wir geworden sind, wenn wir nicht erzählen und uns austauschen? Viele von uns sind ja per WhatsApp und Social Media vielfach vernetzt, und scheinen alles mitzubekommen, was so passiert, was die anderen preisgeben. Aber wir wissen natürlich auch, dass das nicht so selten nur das ist, was an einer selbst gestalteten Biografie interessant erscheint und in der weggelassen wird, was nicht gesagt werden soll.

Basilius der Große und Gregor von Nazianz, die beide im vierten Jahrhundert gelebt haben, waren da anders. Sie haben beide immer wieder betont, wie sehr ihnen die Dispute miteinander, die gegenseitige Korrektur ihrer Reden und Texte und die vielen Briefe geholfen haben, sich selbst und ihren Glauben besser kennenzulernen und im Austausch darüber gelernt zu haben, ins Wort zu bringen, was sie beschäftigt. Beide sind große Kirchenlehrer der alten Kirche geworden und haben die Theologie der ersten christlichen Jahrhunderte geprägt. Vielleicht haben Sie, auch wenn Sie keine Kirchenlehrer sind, heute ein bisschen Zeit und Lust, dass wir miteinander erzählen und anderen Anteil geben an dem, was uns wichtig ist, an unserem Glauben und an unserem Leben. 


Quelle:
DR