Erstmals wird ein Papst vor einem deutschen Parlament sprechen

Historisches Datum

Nun wird er also doch in den Reichstag kommen, und schon hagelt es Superlative: Papst Benedikt XVI., erster deutscher Papst der Neuzeit, wird als erstes katholisches Kirchenoberhaupt in der Geschichte vor dem deutschen Parlament sprechen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass diese Rede wohl der am meisten beachtete Auftritt der Deutschlandreise sein wird.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
 (DR)

Dass die Rede kommen wird, hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der den Papst bereits im Jahr 2006 zu einer solchen Rede nach Berlin eingeladen hatte, am Donnerstag bekanntgegeben. Mit dem Signal aus Rom und der Bekanntgabe in Berlin kommt eine wochenlange Phase des Sondierens und Abwägens zu einem glücklichen Ende. Seitdem die erste offizielle Deutschlandreise des Papstes im Sommer zunächst informell und dann auch offiziell vereinbart worden war, wurde auf diplomatischer, kirchlicher und parlamentarischer Ebene über den besten Ort für eine Grundsatzrede des Papstes nachgedacht und verhandelt. Am Ende war klar, dass jede Entscheidung für einen anderen Ort als den Reichstag die Frage ausgelöst hätte: Warum spricht Benedikt XVI. nicht vor dem Deutschen Bundestag?



Lammert fehlte lange ein klares Signal aus dem Vatikan, dass man dort die vier Jahre alte Einladung noch immer als aktuell ansehe. Und in Rom hatte man nicht vergessen, dass es unmittelbar nach der Einladung des Jahres 2006 auch kritische Stimmen von Volksvertretern gab, die sich allerdings weniger zur Sache äußerten als vielmehr dazu, dass Lammert damals ohne ausreichende Konsultation der Fraktionsspitzen vorgeprescht sei. Und so beeilte sich der Bundestagspräsident nun darauf hinzuweisen, dass er diesmal aus den Fraktionen des Hohen Hauses bereits positive Signale zu einer Papstrede erhalten habe.



Erinnerungen an einen Präzedenzfall

Wenn Benedikt XVI. im kommenden September im Reichstag spricht, erinnert das an einen Präzedenzfall, den vor ihm Johannes Paul II. mit seiner historischen Rede im Warschauer Sejm am 11. Juni 1999 gesetzt hat: Ein Papst spricht vor der Volksvertretung seines Heimatlandes. Zwar ist kaum zu erwarten, dass Benedikt XVI. so wie weiland sein polnischer Vorgänger von den Abgeordneten als Befreier und Vater des Vaterlandes gefeiert wird. Doch sorgt allein der Rahmen des Volksvertretung dafür, dass der Papst, der in Paris oder Prag Universitätseinrichtungen besuchte und dort über grundsätzliche Fragen des Glaubens, der Vernunft und der Kultur philosophierte, sich diesmal auch ins Grenzgebiet von Glaube und Politik, von Recht und Moral vorwagen kann.



Schon jetzt zeichnet sich ab, dass diese Rede wohl der am meisten beachtete und am häufigsten kommentierte Auftritt des Papstes bei seiner offiziellen Deutschlandreise sein wird. Dafür sorgt schon allein die extrem hohe Mediendichte in der deutschen Hauptstadt. Hinzu kommen die großen weltanschaulichen Unterschiede, die zwischen dem Gast aus Rom und Teilen der politischen Klasse seines Heimatlandes bestehen. Der dann 84-jährige Papst steht vor der enormen Herausforderung, dass er als Oberhaupt der katholischen Kirche mit seinen Lehren fast zwangsläufig provozieren wird und dennoch Brücken bauen will zu denen, die ganz anders denken als er.