Erstes Zentrum für Islamische Theologie in NRW wird eröffnet

Klare Berufsperspektive für Islamlehrer-Studium

Anfang des Jahres wurde in Tübingen Deutschlands erstes Zentrum für Islamische Theologie eröffnet, ein weiteres folgt nun am Doppelstandort Münster-Osnabrück. Hier werden künftig islamisch-theologische Wissenschaftler, Lehrer für islamischen Religionsunterricht und Imame ausgebildet.

Autor/in:
Andreas Gorzewski
 (DR)

Seit islamischer Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen ordentliches Schulfach ist, wächst das Interesse an der Lehrerausbildung dafür rasant. 418 Bewerbungen erhielt das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) der Universität Münster zum Wintersemester 2012/13. "Jetzt gibt es eine ganz klare Berufsperspektive", erklärte Zentrumsleiter Mouhanad Khorchide in Münster. Der Professor für Islamische Religionspädagogik hat das ZIT am Dienstag feierlich eröffnet. Solange der Islam-Unterricht noch ein Modellprojekt war, bewarben sich bei der ZIT-Vorgängereinrichtung jährlich nur 20 Studenten.



Die Ausbildung von muslimischen Religionslehrern läuft an der Westfälischen Wilhelms-Universität bereits seit 2004. Am dortigen Centrum für Religiöse Studien (CRS) konnten Lehramtsstudenten zusätzlich zu ihren beiden gängigen Unterrichtsfächern auch "Religion des Islam" belegen. Mit dem Erweiterungsstudium sollten Lehrer für das Modellprojekt der deutschsprachigen Islamkunde gewonnen werden.



Allerdings war die Islamkunde, an der vor der Einführung des neuen Fachs etwa zehntausend Schüler teilnahmen, kein regulärer Religionsunterricht. Keine islamische Religionsgemeinschaft verantwortete den Unterricht, sondern das Land NRW. Deshalb war es dem evangelischen oder katholischen Reli-Unterricht nicht gleichgestellt. Das hat sich im laufenden Schuljahr geändert. Bis der Islam landesweit auf dem Stundenplan steht, wird aber noch einige Zeit vergehen. Dann werden laut Khorchide etwa 800 Lehrer nötig sein.



Einziges Islamzentrum in NRW

Mit dem Schulfach wurde auch die Lehrerausbildung aufgewertet. Jetzt kann ein Lehramtskandidat den Islamunterricht als eines von zwei Hauptfächern studieren wie Deutsch oder Mathematik. Ein aufwendiges Zusatzstudium ist überflüssig. Von den Bewerbern für den Religionsunterricht wurden laut Khorchide zunächst nur 80 angenommen, obwohl es dafür 150 Studienplätze gibt. Der Numerus clausus für das jeweils zweite Hauptfach hat sich dem Professor zufolge oftmals als Hindernis erwiesen.



Münster als einziges Islamzentrum in NRW soll außerdem muslimische Theologen ausbilden, die als Imame arbeiten wollen oder sich der Forschung widmen. Dafür sind aktuell 70 Studenten eingeschrieben. Bei der Ausbildung von Lehrern und Theologen kooperiert das ZIT mit dem Institut für Islamische Theologie in Osnabrück. Sie bilden gemeinsam eines von bundesweit vier Islamzentren, die vom Bund gefördert werden. Auch in Osnabrück wird am Dienstag die Eröffnung gefeiert.



Für eine universitäre Theologie ist genauso wie für einen Religionsunterricht eine Religionsgemeinschaft nötig. Da bislang keiner der großen Moscheeverbände hierzulande als Religionsgemeinschaft anerkannt ist, hilft sich die Universität mit einem Beirat. Darin sitzen unter anderen Vertreter der Moscheeverbände.



Repräsentative Moschee entsteht

Am Dienstag soll sich auch der Beirat konstituieren. Das Gremium kann bei Personalberufungen und Lehrplänen ein Veto einlegen. Das darf der Beirat laut Khorchide aber nur, wenn die Ansichten einer Lehrperson oder ein Unterrichtsstoff als unvereinbar mit dem Islam gelten.



Solch einen Konflikt gab es in Münster schon. Der erste Lehrstuhlinhaber für das Fach Religion des Islam, Muhammad Sven Kalisch, hatte Kernelemente des Islam infrage gestellt. Daraufhin hatte der Koordinationsrat der Muslime davon abgeraten, bei Kalisch zu studieren und die Zusammenarbeit mit ihm eingestellt. Kalisch forscht nun an anderer Position in Münster. An seine Stelle war Khorchide gerückt.



Die islamische Theologie soll auch äußerlich den christlichen Theologien gleichgestellt werden. So wie es evangelische und katholische Universitätskirchen gibt, soll 2015 in der Innenstadt eine repräsentative Moschee entstehen. In einer Infobroschüre der Universität heißt es dazu: "Dieses zukunftsweisende Projekt ist europaweit in seiner Konzeption einmalig und eine goldene Investition in die Zukunft der Muslime in Deutschland."