Erstes Treffen des neuen Kardinalsrates

Papst Franziskus: Reformbedarf bei der römische Kurie

Papst Franziskus ist am Dienstag im Vatikan erstmals mit den acht Mitgliedern des neu eingesetzten Kardinalsrats zusammengetroffen. Der K8-Gipfel berät über Reformvorschläge für die katholische Kirche und die römische Kurie.

 (DR)

Papst Franziskus ist am Dienstag im Vatikan erstmals mit den acht Mitgliedern des neu eingesetzten Kardinalsrats zusammengetroffen. Das Beratergremium, dem als einziger Europäer der Münchner Erzbischof Reinhard Marx angehört, hat den Auftrag, Reformvorschläge für die katholische Kirche und römische Kurie auszuarbeiten. Die acht Kardinäle beraten bis Donnerstag

"Arbeit soll uns bescheidener machen"

In einer Messe mit Kirchenführern aus aller Welt äußerte der Papst die Hoffnung, "dass unsere heutige Arbeit uns alle viel bescheidener, sanftmütiger, geduldiger und vertrauensvoller in Gott macht, damit alle Menschen den Wunsch haben, sich der Kirche und dem Volk Gottes anzunähern." In einem Interview, das die italienische Tageszeitung "La Repubblica" am Dienstag veröffentlichte, unterstrich Franziskus abermals der Reformbedarf in der katholischen Kirche.

 "Der Hof ist die Lepra des Papsttums"

Die Kurie sei noch immer zu sehr auf sich selbst konzentriert, sagte das Kirchenoberhaupt. Sie pflege die Interessen des Vatikans und wende sich zu wenig der Welt zu, "die uns umgibt". "Ich teile diese Ansicht nicht und werde alles tun, um das zu ändern", bekräftigte der Papst seinen Reformwillen.

Die Führer der Kirche seien häufig narzisstisch und von Höflingen umgeben gewesen, sagte der Papst in dem Gespräch mit dem Publizisten Eugenio Scalfari. "Der Hof ist die Lepra des Papsttums." Stattdessen sollte die Kirche wieder zu einer "Gemeinschaft des Volkes Gottes" werden. Nach dem Vorbild des Heiligen Franz von Assisi sollte sich Kirche um die Kinder und die Alten kümmern. Dessen Ideal einer missionarischen und armen Kirche bleibe bis heute gültig. Als schlimmste Übel der heutigen Zeit bezeichnete Franziskus Jugendarbeitslosigkeit und Einsamkeit im Alter.

Kardinal Marx ist einer der K8

Bereits im April hatte der Papst die acht Kardinäle aus allen Erdteilen berufen, die ihn bei der Leitung der Weltkirche und der Vorbereitung einer Reform der vatikanischen Kurie unterstützen sollen. Mitglieder des Kardinalsrates sind neben Erzbischof Marx von München-Freising Erzbischof Laurent Monswengo von Kinshasa, Erzbischof Oswald Garcias von Bombay, Erzbischof George Pell von Sidney, Erzbischof Sean Patrick O Malley von Boston, Erzbischof Oscar Rodriguez Maradiaga von Tegucigalpa, der emeritierte Erzbischof von Santiago de Chile, Francisco Javier Errazuriz Ossa, und als einziges Kurienmitglied Giuseppe Bertello, Präsident des Governatorats des Vatikanstaates.

Bereits vor zwei Wochen hatte Franziskus in einem Interview mit Zeitschriften des Jesuitenordens durch Äußerungen zu Frauen, Homosexualität und Mittelmäßigkeit in der Kirche für Aufsehen gesorgt. Das Gespräch mit Scalfari fand in der vergangenen Woche statt. Zuvor war bereits ein Briefwechsel zwischen dem Publizisten und dem Papst zum Thema Glauben und Nichtglauben veröffentlicht worden.

80 Dokumente mit Reformvorschlägen

Das Treffen finde in der Privatbibliothek des Apostolischen Palastes statt, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag. Zur Diskussion stünden rund 80 Dokumente mit Reformvorschlägen von den Kardinälen, aus der Kurie und aus anderen Teilen der Weltkirche. Daraus solle nun eine Prioritätenliste erstellt werden.

Längerer Beratungsprozess

Franziskus wolle die Beratungen persönlich einführen, ansonsten aber hauptsächlich zuhören, so Lombardi. Bis auf den Mittwochvormittag, an dem die Generalaudienz stattfinde, nehme der Papst an allen Sitzungen teil. Eine Veröffentlichung von Arbeitspapieren, Protokollen oder Beschlüssen sei nicht geplant. Nach dieser ersten Runde sollten weitere Treffen folgen, sagte der Sprecher. Er rechne mit einem längeren Beratungsprozess.

Die Konferenz der Reformgruppe findet im Privaten statt. Die teilnehmenden Kardinäle wohnen mit dem Papst im vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Sie waren bereits am Samstag zu einem informellen Austausch zusammengekommen.

Beratungs- nicht Entscheidungsgremium

Lombardi betonte, der Kardinalsrat sei ein beratendes, kein beschließendes Gremium. Der Rat trete neben bestehende Instanzen wie etwa die Versammlung der Kurienleiter und solle die Konsultationen an der Kirchenspitze bereichern. Dabei agiere der Kardinalsrat selbstständig und sei unabhängig von anderen Strukturen des Vatikan.

Papst Franziskus hatte den Rat für die Kurienreform am 13. April ins Leben gerufen. Einziger Repräsentant der römischen Kurie ist der Regierungschef des Vatikanstaats, Kardinal Giuseppe Bertello. Den Vorsitz in der Gruppe führt der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga.

"Bedeutende Hilfe für den pastoralen Dienst"

In seinem am Montag veröffentlichten Erlass schreibt Franziskus, bei den Beratungen vor dem Konklave im März sei der Wunsch laut geworden, ein internationales Beratungsgremium für den Papst zu schaffen. Er glaube, dass eine solche Initiative "eine bedeutende Hilfe sein könnte, um den pastoralen Dienst des Nachfolgers Petri zu erfüllen, den mir meine Brüder Kardinäle anvertrauen wollten", so Franziskus.

Strukturelle Veränderungen an der Kurie

Unterdessen hat Franziskus bereits einige Personalveränderungen an der Kurie vorgenommen. So hat er einen neuen Staatssekretär ernannt - den Diplomaten Pietro Parolin anstelle des Kirchenrechtlers Tarcisio Bertone. Viele vatikanische Leitungsämter sind aber weiterhin nur provisorisch besetzt. Vermutlich will der Papst Empfehlungen der Kardinäle für strukturelle Veränderungen miteinbeziehen.

K8 soll Dauereinrichtung werden

Der von Papst Franziskus eingesetzte Kardinalsrat zur Kurienreform wird eine Dauereinrichtung. Franziskus behält sich vor, den Rat um weitere Kardinäle zu erweitern und nur einzelne oder alle Mitglieder von Fall zu Fall einzuberufen.

 


Quelle:
KNA