London fasst nach 350 Jahren neuen Mut zum Holz: Am Wochenende wurde dort die erste Holzkirche seit dem Großen Stadtbrand von 1666 neu gebaut wurde. Das dem heiligen Kyrill geweihte Gotteshaus St. Cyril im Londoner Stadtteil Finchley soll fortan Heimat der rund 5.000 Mitglieder der weißrussischen Gemeinde sein. Die Weihe nach byzantinischem Ritus nahm der dortige Bischof Hlib Borys Sviatoslav Lonchyna vor. Beim Großen Brand von London waren vier Fünftel der mittelalterlichen Stadt zerstört worden.
Das Inferno begann nahe dem Themse-Ufer, in einer königlichen Backstube in der Pudding Lane. Offenbar hatte Bäcker Thomas Farynor (lat. farina = Mehl) eine kleine Restglut im Ofen übersehen. Mitten in der Nacht jedenfalls stand seine Stube hell in Flammen. Die Dienstmagd wurde zum ersten Todesopfer der Katastrophe.
Verheerender Brand
Die Bilanz: Zwischen dem 2. und 6. September 1666 wurden 13.200 Gebäude zerstört, darunter 87 Pfarrkirchen und die alte St. Paul's Cathedral; bis zu 80.000 Bewohner wurden obdachlos. So groß war das Desaster, dass ein Wiederaufbau Londons an anderer Stelle in Erwägung gezogen wurde. Auch König Karl II. sprach sich dafür aus. Er befürchtete eine Rebellion der verarmten Opfer.
Schon in den 1660er Jahren war London die mit weitem Abstand größte Stadt des Landes mit rund einer halben Million Einwohnern. Organisch gewachsen, bestand die Kernstadt zumeist aus eng stehenden Holzhäusern - die in den oberen Stockwerken immer weiter auskragten.
Feuergefahr war bekannt
Dies sollte sich beim Brand als Kamineffekt fatal auswirken. Königliche Bauvorschriften, die auf die Feuergefahr hinwiesen, wurden über Jahre ignoriert. Die Innenstadt mit ihrem Themse-Hafen und ihren Märkten war lärmig und ungesund. Noch mehr als zuvor mieden die Reichen und die Aristokratie die "City" seit dem Ausbruch der Beulenpest 1665, die rund 80.000 Tote gefordert haben soll. Die Wohlhabenden wichen aufs Land aus oder lebten im heutigen "West End" nahe dem Königspalast von Whitehall.
Ein weiterer Antagonismus zwischen Stadt und Krone: Die Londoner City war im Bürgerkrieg (1642-1651) eine Hochburg des Republikanismus gewesen, und die städtischen Magistrate hatten dem König danach mehrfach vor Augen geführt, dass sie der Monarchie im Ernstfall durchaus noch gefährlich sein könnten. Königliche Truppen in der City - das wäre der Casus belli gewesen.
Situation wurde falsch eingeschätzt
Auch das sollte nun verhängnisvoll werden. Denn es zeigte sich, dass die Stadtoberen die Lage lange völlig verkannten. Von Bürgermeister Thomas Bloodworth ist überliefert, er habe nach einer nächtlichen Besichtigung erklärt, ein solches Feuer könne doch "eine Frau auspinkeln", und sei wieder schlafen gegangen. Tatsächlich zögerte er, intakte Häuser einzureißen, um ein Übergreifen des Feuers zu verhindern - wie es damals bei der Brandbekämpfung üblich war. Historiker weisen allerdings darauf hin, dass der Bürgermeister dafür nach geltendem Recht die Genehmigung des Königs gebraucht hätte; anderenfalls haftete er mit seinem Vermögen für die Zerstörung von Privateigentum.
Unterdessen hatten die Flammen die Lagerhäuser am Ufer erreicht, wo Kohle- und Holzvorräte, Öl, Teer, Pech und Weinbrand sie weiter anheizten. Die Straßen waren zu eng zum Löschen, Wasserleitungen an vielen Stellen geborsten. Als endlich die königlichen Truppen eingriffen, war es zu spät: Das Feuer raste schneller voran, als man hätte Schneisen schlagen können. Die Schlacht war verloren.
Ein Unschuldiger muss sterben
Archäologen fanden zuletzt heraus, dass die Temperatur in der Pudding Lane bis auf 1.700 Grad stieg. Die Bevölkerung floh in die Vorstädte. Als der Brand endlich eingedämmt war, musste ein Schuldiger her. In diesem Fall: die Jesuiten. Wohl unter Folter gestand ein zugereister Franzose, ein Uhrmacher, er habe das Feuer im Auftrag des Papstes gelegt. Er starb nach kurzem Prozess am Galgen. Später stellte sich heraus, dass er überhaupt erst zwei Tage nach der Katastrophe in London eingetroffen war.
Auf Initiative von Karl II. wurde an der Fish Street nahe der Pudding Lane ein 61 Meter hohes Monument zur Erinnerung an den Großen Brand errichtet. Auf einer 1668 angebrachten Tafel hieß es: "Hier brach, mit Erlaubnis des Himmels, die Hölle über dieser protestantischen Stadt aus (...), angezettelt und ausgeführt durch Verrat und Tücke der Papisten. (...) Der papistische Rausch, der solche Schrecken brachte, ist bis heute nicht gestillt." Die Plakette wurde erst 1830 entfernt.