Eröffnung des bundesweiten Caritas-Sonntags in Stuttgart

Mehr Respekt vor Menschen am Rande

Mehr Respekt für die Menschen am Rande der Gesellschaft haben der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst und der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Peter Neher, verlangt. Bei der Eröffnung des bundesweiten Caritas-Sonntags sagte Fürst in Stuttgart, alle Verantwortungsträger müssten daran mitwirken, dass in der Bundesrepublik die "sozialen Manieren" für eine bessere Gesellschaft wüchsen.

 (DR)

Fürst knüpfte damit an die Jahreskampagne "Soziale Manieren für eine bessere Gesellschaft" der Caritas an. Der Wohlfahrtsverband wolle jene Menschen in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung rücken, bei denen oft gerne weggeschaut werde. Der Bischof betonte, Grund vieler Not seien "das unbewusste, leichtfertige oder gar bewusste Wegschauen" sowie mangelnde Wertschätzung anderer. Die Ränder der Gesellschaft seien aber meist nicht naturgegeben, "sondern von Menschen, Interessen und Verhältnissen angerichtet".

Der Umgang mit Menschen am Rande sei für die katholische Kirche auch eine Frage ihrer eigenen Glaubwürdigkeit, so Fürst. Nur eine Kirche, in der konkrete Nächstenliebe gelebt werde, könne glaubwürdig die Botschaft des Evangeliums verkünden.

Neher sagte, es sei heute schwieriger geworden, sich aus materieller Armut oder sozialer Isolation zu befreien. Es brauche daher mehr Aufmerksamkeit für die Situation des anderen. Neher rief dazu auf, beispielsweise am Straßenrand sitzende Obdachlose zu grüßen und ihnen zuzulächeln. "Die Art und Weise, wie wir einander im Alltag begegnen, ist immer auch Ausdruck einer Haltung, die meine Wertschätzung dem anderen gegenüber deutlich macht."

Von der neuen Bundesregierung erwartet sich der Caritas-Chef eine langfristige Sozial- und Wirtschaftspolitik. "Wir brauchen keine neuen Abwrackprämien, sondern einen ökologischen Umbau der Industrie und Investitionen in bessere Bildungschancen." Sozial- und Bildungspolitik seien nicht mehr zu trennen. Jeder müsse so viel Geld haben, dass er sein tägliches Brot selbst kaufen könne.