Erneut kein Urteil gegen Suu Kyi verkündet

Mit Charme gegen die Generäle

Aung San Suu Kyi hat Birmas Militärregierung schon oft herausgefordert. Mit Zivilcourage, Disziplin und Charme will sie die Hoffnung auf gewaltlosen Wandel und Demokratie wachhalten. Die Oppositionsführerin hat deshalb insgesamt 14 der vergangenen 20 Jahre unter Hausarrest oder in Haft verbracht. Für heute wurde ein Urteil gegen die 64-Jährige erwartet - doch das wurde nun erneut verschoben.

Autor/in:
Elvira Treffinger und Ellen Reglitz
 (DR)

Hunderte, wenn nicht gar Tausende Menschen bejubelten Suu Kyi, als sie 2002 vorübergehend ihre Freiheit wiedererlangte. Ein wenig zögerlich, fast sachlich berichtete die Friedensnobelpreisträgerin vor laufender Kamera, dass die Militärjunta ihren Hausarrest ohne Bedingungen aufgehoben habe.

Seit September 2000 hatte sie ihr Haus in der damaligen Hauptstadt Rangun nicht verlassen können. Doch das «Happy End» war von kurzer Dauer. Nur ein Jahr später ließ das Militärregime Suu Kyi auf einer Demonstration erneut verhaften und unter Hausarrest stellen.

Suu Kyi verbrachte einen Teil ihrer Jugendjahre in Indien, wo ihre Mutter Botschafterin war, und befasste sich mit den Lehren Mahatma Gandhis. Später studierte sie im englischen Oxford Philosophie, Politik und Nationalökonomie. Ihr Vater ist der 1947 ermordete Nationalheld Aung San, der in Birma als Wegbereiter der Unabhängigkeit von Großbritannien verehrt wird. Nur unter strengsten Auflagen durfte Suu Kyi Birma besuchen. 1988 geriet sie mitten in die von Studenten initiierte Demokratiebewegung und stellte sich an deren Spitze.

Die Proteste wurden blutig niedergeschlagen. Suu Kyi geriet erstmals in Hausarrest, viele Demonstranten wurden inhaftiert und gefoltert. Die Militärs bildeten eine neue Junta, die Birma in Myanmar umbenannte.

An den Parlamentswahlen 1990, die ihre Partei «Nationale Liga für Demokratie» mit rund 80 Prozent haushoch gewann, durfte Suu Kyi nicht teilnehmen. Den Wahlsieg erkannten die Militärs nie an. 1995 hoben sie den Hausarrest gegen Suu Kyi zwar auf, doch frei bewegen durfte sie sich in dem südostasiatischen Land nicht.

So verließ sie im August 1998 mehrfach ihr Haus. Prompt blockierten Soldaten ihren Weg. Doch sie gab nicht auf, harrte mit drei Begleitern im Auto in tropischer Hitze aus. Unter Hausarrest und De-facto-Hausarrest war Suu Kyi zermürbenden Schikanen ausgesetzt. Ihr britischer Ehemann, der in England lebende Tibetforscher Michael Aris, und ihre zwei Söhne durften sie nicht besuchen. Den Friedensnobelpreis in Oslo 1991 nahm an ihrer Stelle ihr Sohn Alexander entgegen.

Auf Videobändern, die außer Landes geschmuggelt wurden, forderte sie den Rücktritt des Militärregimes. Sie rief ausländische Investoren auf, ihr Land zu boykottieren, um die Junta an den Verhandlungstisch zu zwingen. Stets sprach sie ihren Landsleuten Mut zum Widerstand zu. Immer wieder suchten Generäle im Geheimen das Gespräch mit ihr, doch sie verweigerte sich fragwürdigen Deals.

Nun wirft ihr die Junta vor, gegen Auflagen ihres Hausarrests verstoßen zu haben, weil ein US-Bürger Anfang Mai durch einen See zu ihrem schwer bewachten Anwesen geschwommen war. Seit Prozessbeginn am 18. Mai wurde das Verfahren mehrfach vertagt. International gilt der Prozess als Farce. Bei einer Verurteilung drohen Suu Kyi fünf Jahre Haft.

Die Oppositionsführerin brachte hohe Opfer für ihre Überzeugungen. 1999 lehnte sie das Angebot der Junta ab, zu ihrem sterbenskranken Mann nach England zu reisen. Sie fürchtete, die Militärs würden sie nicht zurückkehren lassen. Michael Aris starb im März 1999.