Erdogan warnt vor Ausländerfeindlichkeit und Islamphobie

Heimspiel für Recep

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat vor einer wachsenden Ausländerfeindlichkeit in Deutschland gewarnt. Eine solche Entwicklung werde in der Türkei "mit großer Beunruhigung" verfolgt, sagte Erdogan am Sonntag vor rund 10.000 Menschen in Düsseldorf. Deutsche Politiker sollten diese Feindlichkeit mit ihren Äußerungen "nicht weiter aufbauschen". Vielmehr müssten wir "gegenseitig versuchen, uns zu verstehen", sagte Erdogan.

 (DR)

Auch eine zunehmende negative Stimmung gegen den Islam kritisierte der türkische Premier. "Islamphobie ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, genauso wie Rassismus." Sowohl die Mehrheit in Deutschland als auch die türkische Minderheit müsse einander respektieren.



Erdogan erneuerte seine vor drei Jahren bei einem ähnlichen Auftritt in Köln ausgesprochene Warnung an seine Landsleute in Deutschland, Assimilation sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. "Ihr sollt euch natürlich in die deutsche Gesellschaft integrieren. Aber ich sage Nein zu Assimilation", betonte Erdogan. Niemand solle von seiner eigenen Kultur losgeeist werden und mit Gewalt etwas anderes aufgezwungen bekommen. Demokratie bedeute eben auch, "Unterschiede als Reichtum" anzusehen.



Ja zu Integration

Dass türkische Kinder in Deutschland die deutsche Sprache lernen sollen, bezeichnete der Premier als selbstverständlich. Zuvor sollten sie allerdings die türkische Sprache beherrschen. "Ich sage ja zu Integration", sagte Erdogan. Nur wenn Deutsche und Türken gemeinsam zusammenlebten, könne die Gesellschaft Ruhe finden.



Den in Deutschland lebenden Türken stellte Erdogan in Aussicht, bei den Parlamentswahlen im Juni auch von Deutschland aus ihre Stimme abgeben zu können. Während sie bislang für Wahlen in die Türkei reisen mussten, sollten türkische Staatsbürger nun auch in den diplomatischen Vertretungen in Deutschland wählen dürfen. Bei einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Erdogan am Montag versuchen, eine entsprechende Regelung mit der deutschen Seite zu vereinbaren.



Im Fall derjenigen Türken, die ihre Staatsbürgerschaft zugunsten einer deutschen aufgegeben haben, versprach Erdogan Erleichterungen. Mithilfe der sogenannten "Blauen Karte" könnten sie künftig in der Türkei einfacher Formalitäten erledigen und zusätzliche Rechte bekommen. Zudem werde die Karte als Personalausweis dienen, kündigte Erdogan an.



Kritik an westlichen Staaten

Mit Blick auf die Aufstände in Nordafrika und dem Nahen Osten stellte sich Erdogan hinter die demokratischen Bewegungen. Westliche Mächte, die Menschenrechte und Demokratie stets einforderten, seien im Fall von Tunesien, Ägypten und Libyen stumm geblieben. "Gelten die globalen Werte nicht für sie", fragte Erdogan mit Blick auf die Menschen in diesen Ländern. Das Verhalten der westlichen Staaten lasse sich derzeit als doppelzynisch beschreiben.



Veranstaltet wurde der Auftritt Erdogans von der türkischen Behörde "Präsidium für Auslandstürken und verwandte Völker". Vor der Halle demonstrierten rund 650 Kurden gegen den türkischen Regierungschef. Die rechtspopulistische Partei "Pro NRW" veranstaltete ebenfalls eine Demonstration, an der sich nach Polizeiangaben rund 80 Menschen beteiligten. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.



Am Montag wird Erdogan zusammen mit Merkel in Hannover die Computerfachmesse CeBIT eröffnen, deren Partnerland die Türkei in diesem Jahr ist.