Entsetzen nach Kirchen-Schießerei im US-Bundesstaat Texas

Motiv unklar

Eine tote Angreiferin, ein verletztes Kind: Der bekannte TV-Evangelist Joel Osteen betet für die Schützin, die in seiner Kirche das Feuer eröffnete. Sicherheitskräfte töteten die Frau, bevor sie noch mehr Schaden anrichten konnte.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Einsatzfahrzeuge säumen die Zufahrtsstraße vor der Lakewood Church während eines gemeldeten aktiven Schießvorfalls in Houston. / ©  Kirk Sides/Houston Chronicle via AP/dpa (dpa)
Einsatzfahrzeuge säumen die Zufahrtsstraße vor der Lakewood Church während eines gemeldeten aktiven Schießvorfalls in Houston. / © Kirk Sides/Houston Chronicle via AP/dpa ( dpa )

Joel Osteen tritt sichtbar ergriffen vor die Kameras. Der Fernsehprediger mit dem jungenhaften Lockenkopf, der für seine aufmunternde Verkündigung des Evangeliums bekannt ist, ringt um Worte. "Wir wissen nicht, warum Dinge geschehen", versucht er die Unsinnigkeit der Gewalt zu erklären, die sich gerade in der zu einem Gotteshaus umfunktionierten ehemaligen Sportarena vor den Toren Houstons abgespielt hat. "Aber wir wissen, dass Gott die Kontrolle behält."

Kind in Lebensgefahr

Osteen dankte den Sicherheitskräften, die mit ihrem schnellen Eingreifen die Gemeindemitglieder geschützt hatten. "Sie hatte ein Gewehr dabei, und das hätte viel schlimmer enden können", beschreibt der Prediger die Situation, als zwischen dem englisch- und spanischsprachigen Gottesdienst am Sonntag kurz vor 14 Uhr eine Frau Mitte 30 zusammen mit einem Kind den Innenraum betrat.

Zwei Polizeibeamte, die offiziell nicht im Dienst waren, witterten die Gefahr, die von der Besucherin im Trenchcoat ausging. Als sie die ersten Schüsse abfeuerte, zückten die beiden Männer ihre Waffen und erschossen die Angreiferin. Der fünfjährige Junge, den sie mitbrachte, wurde bei dem Gefecht angeschossen. Er ringt nach Darstellung der Behörden in einem Krankenhaus um sein Leben.

Prediger mit einfacher Sprache

In welchem Verhältnis die Frau zu dem Kind stand, blieb zunächst unklar. "Wir sind zutiefst erschüttert", sagt Prediger Osteen. "Es ist in den 65 Jahren, seit wir hier sind, nicht passiert, dass jemand in der Kirche schießt."

Osteen hatte die Freikirche seines Vaters in der texanischen Ölmetropole 1999 übernommen und mit seinem Hintergrund als TV-Produzent zu einem multimedialen Unternehmen ausgebaut. Als Prediger ist er für seine einfache Sprache bekannt, in der er verkündet, dass Gott die Rechtschaffenen in ihrem Leben auf der Erde mit Wohlergehen belohnt. Er gilt als wenig doktrinär und tritt in seinen Gottesdiensten eher wie ein Selbsthilfe-Experte als ein Theologe auf.

Livestreams aus der Megachurch

Die Lakewood Church erreicht vor Ort mit ihren Gottesdiensten jeden Sonntag mehr als 40.000 Menschen. Hinzu kommen Hunderttausende Zuschauer in mehr als 100 Ländern, die Messen per Livestream verfolgen. Auch einige Sequenzen des jüngsten Vorfalls wurden in einem Youtube-Stream dokumentiert. Dabei ist eine spanische Ansage zu hören, unter die sich plötzlich das Knallen der Schüsse mischt.

Für den pensionierten Rettungshelfer Del Davis, der mit seiner Frau zur Tatzeit in der Kirche war, stand außer Frage, woher die Geräusche stammten. "Ich erkenne Gewehrschüsse, wenn ich sie höre", sagte er einem Reporter vor Ort. Und er habe auch das Pulver gerochen. Zusammen mit seiner Frau und anderen Gemeindemitgliedern sei er nach draußen geflüchtet. Ein wenig später, zu Beginn des nächsten Gottesdienstes, wäre es zur Katastrophe gekommen, meint er: "Es ist immer voll."

Keine Hintergründe bekannt

Der Bürgermeister von Houston, John Whitmire, lobte die beiden Beamten für ihr schnelles Eingreifen. "Es ist traurig, dass wir an einem Tag diese Tragödie erleben, an dem Menschen in die Kirche gehen und sich auf das wichtigste Sportereignis in Amerika (Super Bowl) freuten." Bisher gibt es weder Hinweise auf ein Motiv der Schützin, noch sind weitere Hintergründe bekannt.

Prediger Osteen forderte dazu auf, für den verletzten Jungen zu beten. "Wir beten auch für die verstorbene Frau und ihre Familie." Seiner Kirchengemeinde versprach Osteen, sein Amt weiter auszuüben. "Wir haben es mit bösen Kräften zu tun", fügte er hinzu und kehrte dann zu dem Optimismus zurück, der sein Markenzeichen ist: "Aber die Kräfte, die für uns sind, die Kräfte von Gott, sind stärker als das."

Quelle:
KNA