Grünen-Politikerin Bettina Jarasch will Berlin regieren

Engagierte Katholikin und "Brückenbauerin"

Bettina Jarasch will die erste Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden. Die Grünen-Kandidatin versteht sich selbst als "Brückenbauerin". Was weniger bekannt ist: Jarasch ist auch eine engagierte Katholikin.

Autor/in:
Birgit Wilke
Grünen-Politikerin Bettina Jarasch / © Kay Nietfeld (dpa)
Grünen-Politikerin Bettina Jarasch / © Kay Nietfeld ( dpa )

Die Überraschung war groß, als die Grünen Bettina Jarasch im vergangenen Jahr zu ihrer Spitzenkandidatin für die Berliner Abgeordnetenhauswahl kürten, die am 26. September gleichzeitig mit der Bundestagswahl stattfindet. Bis dahin war sie öffentlich kaum bekannt, im Abgeordnetenhaus war sie zuvor vor allem für das Thema Migration zuständig - und für Religionsfragen. Denn Jarasch ist Katholikin. Sie engagiert sich in ihrer Berliner Kirchengemeinde und ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

"Grüne" Überzeugungen und Glauben zusammenbringen

Vor allem jüngere Parteimitglieder sprechen sie darauf an und fragen sie, wie sie ihre "grünen" Überzeugungen und ihren Glauben zusammenbringt. Ihnen erzähle sie dann von der großen Bandbreite in der katholischen Kirche und dass sie sich dort eher dem linken Spektrum zuordne. Zudem gebe es inhaltlich etwa in Fragen des Klimaschutzes oder der Asylpolitik große Übereinstimmungen, betont die 52-Jährige, die mit einem Journalisten verheiratet ist und zwei Söhne im Teenager-Alter hat. "Die Grundwerte der Christen passen gut zu den Grünen", resümiert sie in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

So verwundert es nicht, dass sie sich schon als Studentin zunächst in der Kirche mit Flüchtlingsthemen befasste. Anfang der 1990er Jahre kam sie in die gerade wiedervereinigte Hauptstadt. Zuvor war sie in Augsburg in einem katholischen Elternhaus aufgewachsen und damals auch Leiterin einer katholischen Jugendgruppe. In Berlin engagierte sie sich dann in der Katholischen Studierendengemeinde für das Thema Flüchtlinge und war zeitweilig auch für das Erzbistum tätig.

Nach dem Studium

Nach ihrem Philosophie- und Politikstudium arbeitete Jarasch für eine Bundestagsabgeordnete, deren Tätigkeitsfelder mit ihren übereinstimmten: Es war die ebenfalls katholische Christa Nickels, die erste religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und langjährige Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte. Nickels' Referentin war Jarasch von 2000 bis 2005, im Anschluss daran bis 2009 arbeitete sie für die damalige Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast.

Beitritt bei den Grünen

Dann wollte Jarasch selbst politische Verantwortung übernehmen. Sie trat den Grünen bei und ging in die Landespolitik. 2011 wurde sie Grünen-Landesvorsitzende, zwei Jahre später zusätzlich Beisitzerin im Bundesvorstand.

In dieser Funktion trug sie dazu bei, dass Atheisten und Vertreter verschiedener Religionen bei den Grünen Frieden schlossen: In einer Arbeitsgruppe erarbeitete Jarasch mit anderen ein gemeinsames religionspolitisches Papier, das die Partei vor fünf Jahren verabschiedete. Es sei eine wahre Herkules-Aufgabe gewesen, meint sie rückblickend. Gelungen sei es auch deshalb, weil sie sich als "Brückenbauerin" versteht, die Konflikte zwar benennt und dennoch versucht, "das Gemeinsame bei allen Unterschieden zu finden und Menschen für ein gemeinsames Ziel zu begeistern".

Enge Zusammenarbeit mit Berliner Pfarrer

Auch der Berliner Pfarrer Michael Wiesböck hat sie so erlebt. Als Seelsorger in der Kreuzberger Gemeinde Sankt Marien/Liebfrauen arbeitete er eng mit Jarasch zusammen, die dort Vorsitzende des Pfarrgemeinderats war. Kirchenpolitisch sei er mit ihr etwa in der Frage eines Frauenpriestertums oft nicht auf einer Linie gewesen, auf Gemeindeebene hätten sie aber viel bewegt, und Jarasch habe oft "die entscheidenden Fäden zusammengezogen".

Glaube auch für politische Arbeit wichtig

Der christliche Glaube ist Jarasch auch für ihre politische Arbeit wichtig. Es sei nicht so, dass sie "die Bibel neben das Wahlprogramm lege", aber ihr Glaube erde sie und zeige ihr, dass sie "den Umgang mit der Macht auch verantworten muss". Mit der Institution Kirche selbst hadert sie dennoch immer wieder, wie Jarasch einräumt. An einem "überhöhten Status" der Priester muss sich nach ihrer Auffassung dringend etwas ändern.

Außer einem Priesteramt für Frauen fordert Jarasch auch einen anderen Umgang der katholischen Kirche mit Homosexualität und Reformen beim kirchlichen Arbeitsrecht. Falls sie in das Rote Rathaus einzieht, wird ihr für dieses kirchenpolitische Engagement zwar weniger Zeit bleiben. Sie wolle bei diesen Debatten aber weiter mitmischen, betont sie.


Quelle:
KNA