Empörung über Teilnahme an Zeremonie für Ahmadinedschad

"Auf der Seite der Regierung"

Der iranische Präsident Ahmadinedschad ist heute für seine zweite Amtszeit vereidigt worden. Für Kritik sorgt die Teilnahme der Europäischen Union an den Amtseinführungszeremonien in Person des schwedischen Botschafters. Im domradio-Interview verurteilt Bahman Nierumand, Herausgeber des Iran-Reports der Heinrich-Böll-Stiftung, die Teilnahme als "Anerkennung des Regimes durch die EU." Sie stelle sich damit gegen die demokratische Bewegung des Iran.

 (DR)

domradio: Der außenpolitische Fraktionssprecher der Europäischen Volkspartei, Elmar Brok, hat die Teilnahme Schwedens mit den Worten kritisiert, dadurch würde der Eindruck erweckt, dass die EU die Wahl Ahmadinedschads im Nachhinein legitimiere. Wie beurteilen Sie die Teilnahme des schwedischen Botschafters an der Vereidigung?

Nierumand: Das bedeutet, dass die EU diese Regierung anerkennt. Im Grunde stellen sich die Europäer damit auf die Seite der Regierung und gegen die Demonstranten.

domradio: Wie sollen sich Deutschland und Europa verhalten gegenüber der iranischen Regierung?
Nierumand: Man soll sich nicht einmischen in die inneren Angelegenheiten, aber wenn die Europäer und die Amerikaner sich immer wieder zu Menschenrechten bekennen, dann müssen sie auch gegenüber dem Iran glaubwürdig auftreten. Ich verlange von Deutschland, dass es in Fragen der Menschenrechte standhaft bleibt! Dass es die eklatanten Verletzungen der Menschenrechte im Iran kritisiert und gar keine Konzessionen macht.

Auf der der anderen Seite muss über wichtige Fragen wie die Atompolitik und die Situation im Nahen und Mittleren Osten verhandelt werden. Ich bin gegen harte Sanktionen und gegen einen Krieg. Das hätte verheerende Folgen.

domradio: Passend zur Amtseinführung wird über tausend Demonstranten, die sich an den Protesten der vergangenen Wochen beteiligt hatten, der Prozess im Iran gemacht. Lässt sich das als Schauveranstaltung verstehen?
Nierumand: Ja, das ist eindeutig ein Schauprozess, der an die stalinistischen Prozesse erinnert. Das sind z.T. Leute, die jahrelang im Regime gearbeitet haben, den Staat gelenkt haben und plötzlich sitzen sie auf der Anklagebank und werden für Dinge angeklagt, die sie nicht getan haben. Und sie müssen Geständnisse ablegen, die eindeutig unter Folter zustande gekommen sind.

domradio: War damit aller Mut der vielen Demonstranten in Iran umsonst?
Nierumand: Nein, ich denke nicht, die Proteste draußen gehen weiter, für heute sind Demonstrationen angekündigt, es werden wieder Zehntausende auf die Straße gehen. Sie haben erklärt, dass sie niemals diese Regierung anerkennen würden. Sie werden weiter kämpfen. Es geht hier nicht um kleine rebellische Gruppen, sondern es scheint, dass die Mehrheit des Volkes tatsächlich diese Regierung ablehnt. Es geht darum, den Iran zu demokratisieren und Ahmadinedschad hält diese Entwicklung auf.

domradio: Wie lange wird sich das Regime halten können?
Nierumand: Das ist schwer zu sagen. Es wird schon eine Zeit brauchen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Ahmadinedschad weitere vier Jahre im Iran regieren wird.