Empörung über Angela Merkel wegen Tafel-Kritik

Taten statt Worte

Nachdem die Essener Tafel einen Aufnahmestopp für Ausländer verkündet hatte, erntete die Tafel viel Kritik – zuletzt von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Kanzlerin steht nun selbst unter Beschuss.

Viele Flüchtlinge nutzen Angebot der Tafeln / © Julian Stratenschulte (dpa)
Viele Flüchtlinge nutzen Angebot der Tafeln / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Der Beschluss der Essener Tafel, keine Ausländer mehr neu aufzunehmen, sorgt weiter für Kritik. "Wenn Helfer bedrängt werden, dann sollte die Politik die Tafel nicht kritisieren, sondern Hilfe anbieten", sagte FDP-Chef Christian Lindner der "Bild"-Zeitung am Mittwoch. Die Politik dürfe "nicht die Augen vor Alltagsproblemen verschließen."

Ähnlich äußerte sich Grünen-Chef Robert Habeck gegenüber der Zeitung: "Letztlich baden Freiwillige aus, was die Politik versäumt hat. Die Antwort kann nur sein, dass wir Integration genauso vorantreiben wie den Kampf gegen Armut."

Pass dürfe nicht ausschlaggebend sein

"Ich halte diese Entscheidung für falsch", sagte Linken-Parteichefin Katja Kipping am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Der Pass dürfe nicht ausschlaggebend für die Aufnahme sein, "die Bedürftigkeit muss ausschlaggebend sein". Kipping plädierte für andere Maßnahmen, um potenzielle Konflikte zwischen Ausländern und alten oder alleinstehenden Menschen zu vermeiden.

Dies könne etwa die Ausbildung von "Tafellotsen" sein, die Migranten bei Verständigungsproblemen unterstützten. Der aktuelle Andrang bei Tafeln im ganzen Land sei ein "großes Alarmsignal" für die Politik.

Hilfsbedürftige Deutsche nicht schlechter gestellt

Nach CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt stellte sich auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, hinter den Beschluss der Essener Tafel, keine Ausländer mehr neu aufzunehmen. Er habe "sehr viel Verständnis für die Essener Tafel", sagte Mayer der "Passauer Neuen Presse" am Mittwoch.

Jede Tafel stehe vor der Problematik, dass sie nur eine gewisse Menge an Lebensmitteln und Getränken zur Verteilung habe. "Dabei müssen wir entschieden dem Eindruck entgegenwirken, dass wegen der Migrations- und Flüchtlingskrise und den enormen Mitteln, die der Staat für Flüchtlinge und Migranten aufwendet, hilfsbedürftige Deutsche schlechter gestellt werden und kürzer treten müssen", forderte der CSU-Innenexperte. 

Kritik überzogen, da Entscheidung nur vorübergehend

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach hält die Entscheidung der Essener Tafel zwar nicht für unproblematisch, schließlich sei die Bedürftigkeit für die Ausgabe der Lebensmittelspenden entscheidend. Allerdings hätten die Verantwortlichen monatelang um die Entscheidung gerungen.

Die Kritik sei völlig überzogen, da diese Entscheidung nur vorübergehend sei und es nur um Neuaufnahmen gehe. "Für diejenigen, die trotz Bedürftigkeit nicht mehr zur Tafel gegangen sind, fehlt den Kritikern jedes Verständnis. Kein Wort des Bedauerns", klagt Bosbach.

Verantwortliche sollten unterstützt werden

Caritas-Präsident Peter Neher sagte "Bild": "Statt kluger Ratschläge sollten die Verantwortlichen in Essen darin unterstützt werden, wie sie mit der offenbar schwierigen Situation umgehen, ohne zwischen einheimischen und ausländischen Bedürftigen zu unterscheiden."

Neher wehrte sich zudem dagegen, von "sozialen Verteilungskämpfen" zu sprechen: "Es gibt Tafeln, deren Zahlen durch die Flüchtlinge deutlich gestiegen sind. Es wurden aber immer Wege gefunden, um die Ausgabe der Lebensmittel für alle fair und gerecht zu organisieren", so der Caritas-Chef. Er machte deutlich, dass Tafeln allen Menschen offen stünden, "unabhängig davon, welche Nationalität sie haben."

Alleinerziehende, Senioren und Familien im Mittelpunkt

Die Essener Tafel hatte am Dienstag trotz heftiger Kritik erklärt, an ihrem Aufnahmestopp für Ausländer festzuhalten. Es werde in den kommenden zwei Wochen ein Runder Tisch gegründet, um über die künftige Lebensmittelverteilung nachzudenken, hieß es nach einer Vorstandssitzung.

Es bestehe aber Einigkeit, dass Alleinerziehende, Senioren und Familien mit minderjährigen Kindern im Mittelpunkt stehen sollten.


Quelle:
KNA