Eltern von Amoklauf-Opfern in Winnenden starten Unterschriftenaktion - Stiftung geplant

"Das wünschen wir niemand anderem"

Die Angehörigen der beim Amoklauf von Winnenden Getöteten wollen mit einer Unterschriftenaktion ein drastisch verschärftes Waffengesetz erwirken. "Wir wollen ein generelles Verbot für großkalibrige Waffen in Privatbesitz", sagte Gisela Mayer vom "Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden" am Freitag in Stuttgart. Außerdem soll die Aufbewahrung von Faustfeuerwaffen in Privathaushalten verboten werden. In dem Aktionsbündnis haben sich Eltern von Todesopfern zusammengeschlossen und wollen dazu beitragen, weitere Amoktaten zu verhindern.

Autor/in:
Diana Wild
 (DR)

«Das, was wir erleben mussten, wünschen wir niemand anderem in diesem Land», betonte Mayer. Das Bündnis fordert auch ein komplettes Verbot von Computerspielen mit gewalttätigen Inhalten. «Diese Spiele beeinflussen nachweislich die Art zu denken», fügte Mayer hinzu. Eine Altersbeschränkung sei zu leicht zu umgehen. Gesetzesänderungen seien schnell machbar, sagte Mayer. «Ein Umdenken zu erwirken dauert sehr viel länger.» Doch auch dieses habe sich das Aktionsbündnis zum Ziel gesetzt.

Der Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Hardy Schober, kritisierte die bisherigen Pläne der Bundesregierung für eine Änderung der Waffengesetze als «Kosmetika». Vor der Bundestagswahl müsse jetzt noch «was geändert werden, aber es ist nicht durchdacht».

Das Aktionsbündnis fordert auch eine Abkehr von der «täterzentrierten» Berichterstattung der Medien. Ein «Hauptmotiv» von Amokläufern sei der Wunsch nach Berühmtheit, sagte Mayer. Stattdessen sollten die Medien den Opfern «ein Gesicht verleihen», verlangte sie. Dann werde «die Dimension der Grausamkeit und der Menschenverachtung dieser Tat deutlich» und weitere mögliche Täter würden abgeschreckt.

Zudem setzt sich das Bündnis dafür ein, im Internet einen Online-Notruf einzurichten, damit Jugendliche verdächtige Botschaften von anderen anzeigen können. Auch in den Schulen müsse viel deutlicher hingeschaut werden, die Eltern sollten wieder «auf ihre Kinder aufpassen». Mayer betonte: «Alle Täter senden Signale aus vorher. Wir sind nicht aufmerksam genug.»

Das Bündnis plant unter dem Dach der Diakonie die Gründung einer «Stiftung gegen Gewalt an Schulen». In dem Bündnis sind nicht alle Eltern der Winnender Todesopfer vertreten. Einige wollten in ihrer Trauer nicht an die Öffentlichkeit gehen, sondern «einfach in Ruhe gelassen werden», sagte Schober. Bedenken gegen das Aktionsbündnis an sich habe es aber nicht gegeben. Die Arbeit in dem Bündnis sei für die beteiligten Eltern Zeichen dafür, dass ihre Kinder «nicht umsonst gestorben» seien.

Einen Kontakt zu den inzwischen aus dem Ort fortgezogenen Eltern des Täters Tim K. hatten die Angehörigen der Opfer nicht. Dies sei «nicht gewünscht», sagte Mayer. «Was wollen wir mit den Eltern bereden?» Jede «Art der Begründung», die die Eltern des Amokläufers anführen könnten, «greift zu kurz». Die Eltern hätten «unendlich leichtsinnig gehandelt». Der Vater des Jugendlichen ist Sportschütze, der 17-Jährige hatte eine der im Elternhaus aufbewahrten Waffen benutzt.

Die Unterschriftenlisten sind online unter aktionsbuendnis-amoklaufwinnenden.de erhältlich. Die Aktion läuft bis 20. Juni. Die Listen sollen anschließend dem Bundestag übergeben werden.

Bei dem Amoklauf am 11. März tötete Tim K. 15 Menschen. Zwei Zivilbeamte wurden schwer verletzt, anschließend nahm der Täter sich das Leben.