Elektronische Gesundheitskarte wird in NRW getestet

Holpriger Start

Der Start der elektronischen Gesundheitskarte ist ins Stottern geraten. Zwar wurde der Oktober zum Start-Monat erklärt - zumindest im Rheinland. Diese Region soll nun Kartenpionier werden. Doch während die Bevölkerung die Einführung überwiegend begrüßt, wie Umfragen belegen, ist in der Ärzteschaft die Ablehnung nach wie vor groß.

Autor/in:
Klaus Schmidt
 (DR)


Die Krankenkassen fordern derzeit ihre Versicherten auf, Passfotos für die elektronische Gesundheitskarte einzusenden - ein Anzeichen, dass es bald ernst werden könnte mit der Ablösung der bisherigen Krankenversichertenkarte. Das Bundesgesundheitsministerium bestätigt, dass die Krankenkassen ab 1. Oktober damit beginnen werden, in der Startregion Nordrhein die elektronische Gesundheitskarten an ihre Versicherten auszugeben.

Der Deutsche Ärztetag in Mainz hat im Mai nochmals bekräftigt, dass er die Einführung der Karte in ihrer jetzigen Form ablehnt. Erste Konsequenzen hat Anfang Juli die Ärztekammer Baden-Württemberg gezogen, indem sie ihre Mitarbeit aufkündigte und den Test in Heilbronn abbrach. Hier war eine der sieben Testregionen, in denen Versuche mit 10.000 Versicherten zur Praktikabilität der Karte gemacht werden sollten. Die anderen Regionen sind Bochum-Essen, Flensburg, Ingolstadt, Löbau-Zittau, Trier und Wolfsburg.

Die ersten Tests haben gezeigt, dass es gravierende Mängel bei der technischen Anwendung gibt. So beklagen die teilnehmenden Ärzte, das elektronische Rezept benötige doppelt so viel Zeit wie das handschriftliche Ausstellen. Auch die Eintragung von Notfalldaten sei zu kompliziert und zeitraubend.

Kostenexplosion und mangelnde Datensicherheit befürchtet
Über die Kosten besteht nach wie vor Ungewissheit. Das Bundesgesundheitsministerium beziffert sie mit 1,4 Milliarden Euro. Eine von der Entwicklungsfirma Gematik in Auftrag gegebene Studie der Beratungsfirma «Booz Allen Hamilton» prognostiziert allerdings Kosten von 2,8 Milliarden Euro bei einer fünfjährigen Einführungsphase, im Worst-Case-Szenario sogar von 14,1 Milliarden Euro. Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem, enger Berater des Bundesgesundheitsministeriums, empfahl vor kurzem sogar, auf den geplanten Start am 1. Oktober zu verzichten: «Ökonomisch wird sie ein Minusgeschäft sein, das letztlich die Versicherten zahlen.»

Die vor allem von den Ärzten vorgetragenen Datenschutz-Bedenken und Ängsten wegen Missbrauchs der sensiblen Patientendaten werden von den Datenschützern in Bund und Ländern nicht geteilt. Das Bundesgesundheitsministerium erklärt, dass auch zukünftig beim Arzt erhobene Patientendaten beim Arzt oder im Krankenhaus verbleiben und der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen.

Außerdem entscheide allein der Patient darüber, in welchem Umfang sensible Daten auf dem Chip seiner Gesundheitskarte gespeichert werden. So könne er selbst bestimmen, dass Informationen über seine Erkrankungen, seine persönlichen Laborwerte wie etwa sein Cholesterinspiegel oder Arzneimittelunverträglichkeiten aufgenommen werden. Diese Entscheidungen kann er jederzeit widerrufen. Dann werden die Daten wieder gelöscht.