EKD-Ratsvorsitzender Präses Nikolaus Schneider wird 65 Jahre alt

Immer Seelsorger geblieben

Seine letzten Amtsjahre hatte er sich ruhiger vorgestellt. Dass ihm 2010 der Vorsitz des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach dem überraschenden Rücktritt Margot Käßmanns zufiel, war in der Lebensplanung Nikolaus Schneiders nicht vorgesehen. Doch er griff beherzt zu und führte das Schiff der EKD wieder in ruhigere Gewässer. Heute wird der rheinische Präses 65 Jahre alt.

Autor/in:
Norbert Zonker
 (DR)

Anders als seine umtriebigen, manchmal polarisierenden Vorgänger Käßmann und Wolfgang Huber wirkt Schneider eher bedächtig und ausgleichend. Doch er ist keineswegs konfliktscheu, weder nach außen noch nach innen. So setzte er sich vor zwei Jahren überraschend für eine breite Diskussion über die Präimplantationsdiagnostik (PID) ein, obwohl die Beschlusslage in der EKD für ein Verbot eigentlich seit 2003 klar war. Ausschlaggebend für Schneiders Überlegungen - mit denen er sich letztlich im Rat der EKD nicht durchsetzen konnte - waren seelsorgliche Motive.



Charakteristisch für Schneider sind dabei sein Blick auf das konkrete Leben statt auf die abstrakte Norm sowie seine Zuwendung zu den einzelnen Menschen. Auch in seinen leitenden Ämtern - als Superintendent des Kirchenkreises Moers seit 1987, als Vizepräses seit 1997 und schließlich als Präses seit 2003 der Evangelischen Kirche im Rheinland - ist er immer Pfarrer geblieben. Bereits auf seiner 1977 angetretenen ersten Gemeindepfarrstelle in Duisburg-Rheinhausen erwarb er sich überregionale Bekanntheit und das Image eines sozialpolitisch engagierten Geistlichen. Der Kampf an der Seite der Belegschaft um den Erhalt der dortigen Hütte hat ihn nach Einschätzung vieler Weggefährten geprägt.



Solider Theologe

Doch der Sohn eines Duisburger Stahlarbeiters ist auch ein solider Theologe, der in Wuppertal, Göttingen und Münster studiert hat. Seine Positionen - etwa zum Verbot einer christlichen Judenmission - formuliert er pointiert, aber ohne verletzende Schärfe. Auch in der Ökumene tritt Schneider verbindlich und diplomatisch auf und sucht das Gemeinsame. Persönlich setzte er sich dafür ein, dass Papst Benedikt XVI. bei seinem Deutschlandbesuch vor einem Jahr in das Augustinerkloster in Erfurt kam, an den für den Reformator Martin Luther prägenden Ort. Nach der Papstpredigt ging Schneider zu einer brüderlichen Umarmung auf diesen zu. In den folgenden Wochen trat er gegen eine teils harsche Kritik an der Begegnung für eine ausgewogene Bewertung ein.



Als EKD-Ratsvorsitzender hat Schneider noch wenig eigene Akzente gesetzt. Die bereits vom vorigen Rat auf den Weg gebrachten Projekte der "Reformationsdekade" bis 2017 und den Reformprozess "Kirche im Aufbruch" setzt er fort, die "Schlagzahl" an öffentlichen oder medialen Auftritten jedoch hat er verringert. Beim jüngsten Katholikentag in Mannheim war er nicht nur zu sehen, wenn er selbst auf dem Podium saß, sondern auch im Publikum, wenn andere redeten, und in Gesprächen auf der "Kirchenmeile". Die Vertreter des Koordinierungsrates der Muslime lud er unlängst zu sich nach Hause zum Abendessen ein - auch das ein Beispiel für seinen Umgangsstil.



Schneiders Landeskirche, mit 2,8 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte in Deutschland, hat ihren Reformprozess unter das Motto "missionarisch Volkskirche sein" gestellt - eine Formulierung, die auch ein persönliches Anliegen des Präses zum Ausdruck bringt. In seiner Person bringt Schneider, der herzlich und ungezwungen auf jedermann zugehen kann, diese beiden Pole zusammen. Zu seiner Glaubwürdigkeit trägt auch sein Umgang mit eigenen Lebenskrisen wie dem Tod der jüngsten seiner drei Töchter 2005 im Alter von 22 Jahren bei. Zusammen mit seiner Frau Anne verarbeitete er diese schmerzlichen Erfahrungen in einem Buch mit dem Titel: "Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist".