Einige US-Bundesstaaten stimmen über Todesstrafe ab

Eine Frage von Leben und Tod

In drei US-Bundesstaaten stimmen die Bürger an diesem Dienstag nicht nur über den nächsten Präsidenten, sondern auch über die Todesstrafe ab. Am meisten steht dabei in Kalifornien auf dem Spiel: Dort warten 750 Häftlinge auf ihre Exekution.

Autor/in:
Konrad Ege
Plakate von Todesstrafengegnern in Kalifornien / © Barbara Munker (dpa)
Plakate von Todesstrafengegnern in Kalifornien / © Barbara Munker ( dpa )

Bei den US-Wahlen am 8. November geht es nicht nur um das Duell zwischen Hillary Clinton und Donald Trump. In den Bundesstaaten Kalifornien, Oklahoma und Nebraska sollen die Bürger auch darüber abstimmen, wie es mit der Todesstrafe weitergeht. Nach einer Reihe grausam verpfuschter Hinrichtungen und etlichen Fehlurteilen stößt die Todesstrafe in den Vereinigten Staaten vermehrt auf Kritik. Doch auch die Befürworter treten lautstark für ihre Sache ein.

Gerichte überlastet

Am meisten steht in Kalifornien auf den Spiel. 750 Häftlinge sitzen dort in den Todeszellen - mehr als in jedem anderen Bundesstaat. Seit zehn Jahren hat der Staat niemanden mehr hingerichtet. Denn die unterbesetzten Gerichte kommen mit der hohen Zahl von Berufungsverfahren nicht hinterher. Außerdem ist das Hinrichtungsverfahren umstritten. Ungeklärt ist vor allem, welche Giftmischung zum Einsatz kommen soll.

Im November können nun die Bürger des Sonnenstaates die Todesstrafe per Volksentscheid abschaffen. Zur Abstimmung steht aber auch die konkurrierende "Initiative 66", deren Befürworter die stillstehende Todesmaschinerie wieder anschmeißen wollen.

Für die "Initiative 66" setzt sich die 65-jährige Phyllis Loya ein, deren Sohn, ein Polizist, 2005 von einem Bankräuber erschossen wurde. Sie will den verurteilten Mörder sterben sehen. Es bestehe kein Zweifel an dessen Schuld, sagte sie, doch die Berufung ziehe sich hin. Der Berufungsanwalt sei erst 2011 ernannt worden. Angehörige von Mordopfern müssten oft "Jahrzehnte auf Gerechtigkeit warten".

Die "Initiative 66" will Berufungsverfahren zeitlich begrenzen und dabei auch Anwälte ohne Todesstrafenerfahrung zulassen. Das Kalkül: Gerichte werden dann den Weg für Exekutionen schneller frei machen.

Katholische Kirche übt Kritik

Kritik kommt von Rechtshilfegruppen und der römisch-katholischen Kirche. "66" werde "zwangsläufig zur Hinrichtung unschuldiger Menschen führen", warnte Kardinal Salvatore Cordileone aus San Francisco.

Die katholischen Bischöfe fordern die Wähler auf, stattdessen für die "Initiative 62" zu stimmen. Die Initiatoren dieses Vorschlages wollen die Todesstrafe abschaffen und Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umwandeln. Es gehe um die "Unantastbarkeit des menschlichen Lebens", sagt Cordileone.

30 der 50 US-Bundesstaaten sehen derzeit die Todesstrafe vor in Mordfällen mit einer besonderen Schwere der Schuld. Seit 2007 haben acht Staaten die Todesstrafe durch Beschlüsse ihrer Parlamente oder Gerichtsurteile abgeschafft. Meist mit dem Argument, dass die Strafe Angehörige von Minderheiten und sozial Schwächere häufiger treffe als gut situierte Weiße.

Kalifornien ist nun ein wichtiger Test für die Todesstrafengegner. Der Staat gilt als liberal in gesellschaftspolitischen Fragen, doch nach Umfragen dürfte es knapp werden. 2012 scheiterte eine Initiative zur Abschaffung mit 52 zu 48 Prozent.

Landesweiter Stimmungswandel

In dem 1,9 Millionen Einwohner zählenden Bundesstaat Nebraska hat das Parlament die Todesstrafe im Mai 2015 mit hauchdünner Mehrheit abgeschafft. Die Gruppe "Nebrasker für die Todesstrafe" sammelte daraufhin 166.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gegen das Gesetz. Die Todesstrafe sei "gerecht, wenn sie mit Bedacht eingesetzt wird", betont der Mitbegründer der Gruppe, Bob Evnen. Nebraska mit seinen derzeit zehn Todeshäftlingen solle darauf nicht verzichten.

In den Todestrakten von Oklahoma sitzen derzeit 47 Verurteilte. In dem Staat wollen Befürworter die Strafe in der Verfassung verankern - um ihrer Abschaffung durch Reformgesetze und Gerichtsurteile vorzubeugen. Oklahomas Todesstrafenpraxis steht USA-weit besonders in der Kritik. Im April 2014 wurde eine Hinrichtung abgebrochen, weil das für die Todesspritze eingesetzte Gift nicht die erwartete Wirkung zeigte. Der Verurteilte starb kurz danach an einer Herzattacke.

Im Januar 2015 verwendeten die Henker laut Autopsiebericht nicht zugelassene Substanzen. Die Folge: Der sterbende Verurteilte litt besonders schlimme Qualen. Laut Augenzeugen klagte der Häftlinge, sein Körper "brenne". Seitdem hat Oklahoma niemanden mehr hingerichtet.

Landesweit ist beim Thema Todesstrafe ein allmählicher Stimmungswandel zu beobachten. Laut einer kürzlich erhobenen Umfrage sind nur noch 49 Prozent der US-Amerikaner für die Todesstrafe - erstmals seit Jahrzehnten weniger als die Hälfte. In den 90er Jahren hatten sich noch rund 80 Prozent dafür ausgesprochen, besonders schwere Verbrechen mit Hinrichtung zu bestrafen. 2015 wurde 28 Todesurteile vollstreckt, 2016 bisher 17. Das Rekordjahr war 1999 mit 98 Exekutionen.


Quelle:
epd