Einführung zu Bruckners spektakulärer f-moll-Messe

"Unsingbare Messe"

Sinfonische Klänge, hohe Chorkunst und maximaler Ausdruck, diese Elemente finden sich in der Messvertonung f-moll von Anton Bruckner.

 (DR)

Damit testete der Österreicher 1868 die Grenzen des damals musikalisch Machbaren aus. Noch als Linzer Domorganist schloss Bruckner das Werk ab, danach widmete er sich vor allem der Gattung der Sinfonie in Wien. Viele Elemente davon finden sich schon in der f-moll-Messe.

In der Messvertonung gibt starke Kontraste in der Lautstärke, fast alle Klangfarben eines großen Sinfonieorchesters setzt Bruckner ein, dazu treibt er den Chor bis an die Grenzen der Singbarkeit. Aber dieser maximale Ausdruck überforderte damals die Ausführenden. Die geplante Uraufführung wurde deswegen abgesagt; als "unsingbar" bezeichnete Dirigent Herbeck das neue, sehr moderne Werk.

Erst einige Jahre später gelang unter Bruckners Leitung eine gelungene Uraufführung. Der Erfolg war wichtig für den Österreicher, denn in Wien hatte sich der Österreicher als Komponist bis dahin noch nicht so recht durchgesetzt. Anerkannt war er nur als Orgelvirtuose, seine ebenfalls sehr modernen Sinfonien setzten sich erst nach und nach durch.

Bruckner war zeitlebens tief gläubig und schaffte es wie nur wenige Komponisten seiner Generation, zentrale Glaubensinhalte eindrucksvoll in Musik zu setzen.

Im Credo, der Vertonung des Glaubensbekenntnisses, stellt Bruckner die Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, die ja an Ostern gefeiert wird, sehr anschaulich dar. Aus einer völligen Stille, einer sprichwörtlichen Grabesruhe, baut sich das Orchester spannungsvoll auf, ehe der Chor ungemein kraftvoll mit den Worten „Auferstanden am Dritten Tag“ hinzutritt.

Trotz der modernen Tonsprache war Bruckner auch ein Mann der Tradition. So finden sich kunstvolle Fugen als Reminiszenz an die Barockzeit und Rückgriffe auf den Gregorianischen Choral. Auch die ruhigen, lyrischen Töne beherrscht der Österreicher, zum Beispiel im Benedictus, wenn die Solisten nach einem instrumentalen Vorspiel singen: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.

Die besondere Musiksprache verbunden mit großartigen Klangeffekte bringen die f-moll Messe auf Augenhöhe mit so berühmten Messvertonungen wie der h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach, der c-moll Messe von Mozart oder der "Missa solemnis" von Ludwig van Beethoven.

Obwohl Bruckners große Messe unter den besagten Startschwierigkeiten litt, setzte sie sich im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts immer mehr durch und wird auch heute noch oft aufgeführt. Sie ist zugleich die letzte von 5 Messvertonungen, die Bruckner insgesamt schrieb. Eine ähnlich gelungene Verbindung von sinfonischer Musik und Chorgesang gelang dem Österreicher später nocheinmal mit dem Te Deum, das eine ähnlich beeindruckende Wirkung auf die Zuhörer hat wie die f-moll-Messe.

(Erstausstrahlung am 12.04.2015, Wiederholung 03.04.2016)