Eine dreiteilige ZDF-Doku nimmt Wunder unter die Lupe

Santo subito?

"Macht der Wunder - Die Geheimnisse des Vatikans", heißt die dreiteilige Dokumentation, in der sich ab Dienstag die Autoren Volker Schmidt-Sondermann und Peter Sydow mit wundersamen Begebenheiten rund um die katholische Kirche auseinandersetzen. Skeptiker wie Befürworter kommen gleichermaßen zu Wort.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

Kevin ist 18 Monate alt und schwer krank, die Ärzte glauben nicht an eine Genesung. Es ist der 7. Juli 1986 auf der Karibikinsel St. Lucia. Marie Jeremie packt ihren Sohn, der nicht sitzen und laufen kann, ein, um mit ihm den Papst zu sehen. Johannes Paul II. ist gerade auf der Rückreise aus Südamerika und legt einen Zwischenstopp auf dem kleinen Eiland ein. Dort segnet er Behinderte und Kranke, darunter auch den kleinen Kevin. Tags drauf - der Papst ist längst wieder abgeflogen - kann das Kind plötzlich seine Beine und Füße benutzen.



Der damalige Erzbischof Kelvin Edward Felix schickt einen ausführlichen Bericht an die zuständige Glaubenskongregation - ohne Antwort. Johannes Paul II. will nicht, dass die Geschichte bekannt wird. Das ZDF macht sie nun wieder öffentlich.



Weinende Madonnenbildnisse und Marienerscheinungen

Thematisiert werden in Teil eins neben der Geschichte auf St. Lucia auch weinende Madonnenbildnisse in Italien. Der zweite Teil widmet sich Marienerscheinungen. Die Autoren reisen nach Lourdes und Medjugorje, um dem Phänomen näher zu kommen. Und sie gehen Berichten von Wunderheilungen nach, etwa dem einer Frau, die während ihrer Schwangerschaft das Fruchtwasser verlor und es auf unerklärliche Weise wiederbekam. Der dritte Teil steht ganz im Zeichen des italienischen Kapuzinermönchs Padre Pio.



"Die Wunder sind mit die wichtigsten Säulen des katholischen Glaubens", meint Heiner Gatzemeier, Leiter der zuständigen ZDF-Redaktion Zeitgeschehen. Die Idee zu der Reihe kam mit den "Santo subito"-Rufen der Gläubigen bei der Beerdigung von Papst Johannes Paul II.. Dieser spielt in der Dokumentation eine zentrale Rolle, nicht nur, weil unter ihm so viele Menschen selig- und heiliggesprochen wurden wie unter keinem seiner Vorgänger.



Johannes Paul II. im Zentrum

So beginnt der erste Teil der Dokumentation auch mit jenen beiden Schüssen auf den Papst am 13. Mai 1981, die nach Aussagen von Ärzten tödlich hätten sein müssen. Sein Leben lang wird Johannes Paul II. überzeugt sein, die Muttergottes habe ihn gerettet, mehr noch, das Attentat sei bereits in Fatima geweissagt worden. Für die Autoren ist das eine der Ursachen, weshalb Wunder eine solch große Rolle im Pontifikat des Polen spielten. Davon ausgehend folgen sie in aufwendigen Recherchen weiteren mirakulösen Begebenheiten, hinterfragen vermeintlich Übernatürliches.



In einer Pendeldramaturgie, einem permanenten "stimmt - stimmt nicht" untersuchen sie Fall für Fall. Ergebnisoffen sei man an den Film herangegangen, berichtet Schmidt-Sondermann. Grundvoraussetzung sei aber auch die Annahme, dass es Dinge gebe, die außergewöhnlich und nicht erklärbar seien. Etwa die Geschichte der Frau mit dem verlorenen Fruchtwasser: "Die hat mich wirklich überzeugt", bekennt der Autor.



Bombastische Musiksprache  

Immer wieder taucht in den Dokumentationen die Frage auf: Wie geht der Vatikan mit solchen Wunderberichten um? Die Untersuchungen sind akribisch. Doch was führt letztlich dazu, dass die meisten Ereignisse nicht als Wunder förmlich anerkannt werden? Und warum überzeugte die weinende Madonna von Civitavecchia in Italien die Kirchenleitung nicht, jene im sizilianischen Syrakus aber doch? Oder warum wurde Padre Pio von vier Päpsten als Betrüger gesehen, dann aber unter Johannes Paul II. heiliggesprochen?



Die Autoren haben viele prominente Gesprächspartner getroffen, darunter den Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Levada, den Sprecher von Johannes Paul II., Joaquin Navarro-Valls, den Vatikanjournalisten Marco Politi, Kirchenkritiker Hans Küng und sogar Papst-Attentäter Ali Agca. Entstanden sind so drei aufschlussreiche Dokumentationen, deren Bild- und Musiksprache bombastisch ist und zum Teil an amerikanische Mystery-Serien erinnert.



Hinweis: "Macht der Wunder - Die Geheimnisse des Vatikans", dreiteilige Dokumentation von Volker Schmidt-Sondermann und Peter Sydow. ZDF, 1. Teil 26.10., 20.15 bis 21.00 Uhr. 2. Teil 2.11., 3.

Teil 9.11.