Eindrücke des domradio.de-Chefredakteurs

Post aus Fulda (3)

Für domradio.de bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischöfe ist auch Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen. In seiner "Post aus Fulda" schildert er regelmäßig seine Eindrücke des Treffens. Worauf man stößt, wenn man mit offenen Augen durch die Bonifatiusstadt läuft

Entdeckt in Fulda (DR)
Entdeckt in Fulda / ( DR )

"Maria - ich liebe Dich!" steht da in schnellen grell-roten Sprühstrichen. Vermutlich ist nicht die Gottesmutter Maria gemeint. Aber die Graffiti-Botschaft wirkt. Wer den Zentralen Omnibusbahnhof mitten in Fulda passiert, kommt nicht an diesem Liebesbeweis vorbei. Manchmal kann Kommunikation so einfach sein.



Seit dem Beginn ihrer Konferenz bemühen sich die katholischen Bischöfe auf ihrer Herbstvollversammlung am Grab des Heiligen Bonifatius auch um die richtige Kommunikation. Sie wollen, dass die christliche Botschaft richtig verstanden wird und bemühen sich auch hier an der Fulda darum. Der von Erzbischof Robert Zollitsch nach den vielen bekannt geworden Missbrauchsfällen auf den Weg gebrachte Dialogprozess zur Rückgewinnung des verloren Vertrauens heißt inzwischen Gesprächsprozess. Aber auch sonst hat sich in den letzten Monaten einiges verändert, vieles ist auf den Weg gebracht worden. Davon berichtete die "Steuerungsgruppe MOB" den Mitbrüdern. MOB hat den bischöflichen Laden ein wenig aufgemischt. Die Abkürzung steht für die Bischöfe Marx, Overbeck und Bode. Diese drei, unter der Regie des Vorsitzenden Erzbischof Robert Zollitsch, sind besonders bemüht, das Kirchenschiff auf Kurs zu halten. Gar nicht so einfach, wie schon in der Eröffnungspredigt deutlich wurde. Die einen fürchten um den Kern des katholischen Glaubens, wenn zu schnell verändert wird - die anderen fürchten um die Zukunft der Kirche, wenn sich nicht schnell etwas ändert.

Kardinal Reinhard Marx hatte heute die liturgische Leitung der Frühmesse. Kaum die Hälfte der Bischöfe war im St. Salvator Dom und heute waren noch weniger Gläubige da als gestern im weiten Kirchenrund. Das mag damit zusammen hängen, dass heute Abend um 18 Uhr mit der feierlichen Vesper, die gewöhnlich für einen rappelvollen Dom sorgt, die Konferenz zu Ende geht.



Kardinal Marx lässt sich davon nicht irritieren und wirkt frisch und ausgeschlafen. (Und das, obwohl die gewöhnlich gut unterrichteten Kreise berichten, dass der Münchner Kardinal am Vorabend nicht der Erste gewesen sein soll, der die fröhliche Runde verlassen hat.) In seiner Predigt, wie so oft völlig frei und auf den Punkt gebracht, mahnt er, dass die Kirche sich nicht an den Zeitgeist anpassen solle - aber auch kein Anachronismus in der heutigen Zeit sein dürfe. Kirche und ihre Gläubigen sollten vielmehr selber Zeichen sein. So wie im 7. und 8. Jahrhundert rund um Fulda die Missionsbewegung auch für einen "Zivilisationsfortschritt" gesorgt habe, könne die katholische Kirche durch ihre anstehende Neuevangelisierung die Menschen in eine neue Dimension bringen. Christentum sei immer auch eine von der Vernunft geleitete Aufklärung, die den gesamten Menschen, die gesamte Gesellschaft verändern könne.



Marx machte Mut. Die große Zeit des Christentums liege nicht in der Vergangenheit - sondern direkt vor uns. Licht und Aufklärung durch die Botschaft Christi sei angesagt. Dass Kirche dabei immer auch an der Seite der Schwachen, Armen, Kranken und Verfolgten steht, ist für den Münchner Kardinal selbstverständlich.



Am Mittwochnachmittag hat das auch der Kommissionsbericht des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick deutlich gemacht. Er steht der Kommission Weltkirche vor. Das umstrittene Hassvideo besorgt auch die Bischöfe. Neben der Sorge haben sie aber auch die berechtigte Hoffnung, dass es zu einer neuen Intensivierung des interreligiösen Dialoges kommt. Ebenso haben sie die Lage der verfolgen Christen weltweit im Blick, bei allen innerkirchlichen Problemen hier vor Ort. Daher haben sie auch den Vorsitzenden der Nigerianischen Bischofskonferenz Erzbischof Ignatius Kaigama eingeladen. Er schärft den Blick für das Leiden und die Verfolgungen in Afrika. Wenn man ihm zuhört, verschwinden die Sorgen und Nöte der Kirche hier in Deutschland zwar nicht, aber der Blickwinkel verändert sich und das tut gut.



Gut tun soll der Kirche auch die Kommunikation mit der Gesellschaft. Ein eigenes "Medienhaus" haben sie vor einem Jahr in Bonn bezogen, hier soll die Medienarbeit zukünftig besser vernetzt werden. Vieles ist auch hier noch im Anfangsstadium, aber immerhin ist das neue Medienportal "katholisch.de" rechtzeitig zur Konferenz fertig geworden. Wie man hört, sind die Kirchenmänner ganz angetan von dem neuen Auftritt ihrer "internetten" Seite, die Donnerstagmittag frei geschaltet wurde.



Kirchliche Kommunikation tut sich oft so schwer, egal ob innerkirchlich oder im Dialog mit der Gesellschaft. Viel zu oft wird die Frohe Botschaft nicht mehr richtig verstanden. Den Bischöfen kann man nicht vorwerfen, sie hätten sich hier in Fulda nicht redlich bemüht. Aber vor ihnen, auch das wissen sie selber wahrscheinlich am besten, liegt noch ein langer Weg, um den Glauben erfolgreich in die zukünftigen Generationen zu tragen. Wenn die katholischen Bischöfe heute Abend auf den Weg in ihre Heimatbistümer aufbrechen, nutzen fast alle dafür nicht die öffentlichen Verkehrsmittel. Aber vielleicht sollten sie wenigstens eine kleine Runde um den Zentralen Omnibus Bahnhof hier mitten in Fulda drehen. Dort könnten sie nicht die Armen und Schwachen treffen, die so oft am Rande der Gesellschaft stehen, sondern auch die erfolgreiche Verbreitung einer Liebesbotschaft und deren Wirkung studieren: "Maria - ich liebe Dich!" So einfach ist das. Und wer hat eigentlich behauptet, dass damit nicht die Gottesmutter gemeint ist …