Ein Touristenführer in Israel baut die Rose von Jericho künstlich an

Auf den Spuren einer Wunderpflanze

"Ich habe jahrelang experimentiert, bis ich herausgefunden habe, wie viel Wasser die Pflanze benötigt, ohne gleich wieder zu verschimmeln." Der israelische Touristenführer Oded Hamm steht stolz neben einem staubigen Feld nahe der vermuteten Taufstätte Jesu am Jordan, unweit von Jericho. Sein unermüdlicher Forscher-Eifer gilt einem ganz besonderem Gewächs: Hamm ist es gelungen, die echte Rose von Jericho künstlich anzubauen.

Autor/in:
Ulrich W. Sahm
"Wiederauferstehung": Wenn die Rose von Jericho Wasser berührt (KNA)
"Wiederauferstehung": Wenn die Rose von Jericho Wasser berührt / ( KNA )

Das Pflänzchen gedeiht nur in extrem trockenen Gebieten und ist äußerst anspruchslos. Etliche Jahre kann es ohne Wasser und Erde überleben, als eine Art zusammengetrockneter entwurzelter Ball. In dieser Form ist die Rose auch auf deutschen Märkten zu erhalten. Auf Latein heißt die unscheinbare Pflanze "Anastatica hierochuntica" - das bedeutet Auferstehungspflanze.

Ob die im Alten Testament erwähnte Rose von Jericho mit der heute so bezeichneten Pflanze identisch ist, kann nicht nachgewiesen werden.
Eine Legende besagt, die Jungfrau Maria habe auf ihrer Flucht nach Ägypten mit Josef und dem Jesuskind die Pflanze gesehen und sie gesegnet. Die Rose von Jericho wird von vielen als heilige Pflanze verehrt.

Der Paderborner Pfarrer Ludolph von Suchen erwähnt 1350 erstmals die mutmaßlich von Kreuzfahrern im Mittelalter nach Europa mitgebrachte Wunderpflanze. Ihr werden magische Kräfte bei der Geburt nachgesagt, ihre ätherischen Öle bieten vermeintlich Schutz gegen Kleidermotten.

Eine wahrhaftige "Wiederauferstehung"
Wundervolles ereignet sich auf jeden Fall, wenn die Wüstenrose mit Wasser in Berührung kommt. Dann erlebt sie eine wahrhaftige "Wiederauferstehung". Die zur Kugel zusammengezogenen Äste öffnen sich, sowie sie sich mit Wasser vollsaugen und werfen mit einem hörbaren Knacken einige Samen ab. "Das tut die Pflanze aber nur, wenn sie sicher sein kann, dass die Samen genügend Wasser vorfinden, um sofort zu keimen", erklärt Hamm bei seinem Feld im Jordangraben, wo in krummen Linien Hunderte Rosen in allen Größen verdorrt sind. Sowie die Sonne wieder scheint, trocknet die Pflanze völlig aus und schließt ihre Ästlein - bis zum nächsten Regenfall.

Das ist faszinierend - und verkauft sich. Hamm bietet seine vertrockneten Rosen an verschiedenen Orten in durchsichtigen Plastikdosen mit einem erklärenden Prospekt an. Auch hat er winzig kleine Exemplare auf Modeschmuck geklebt, die sich ebenfalls wundersam öffnen, sobald man sie in Wasser legt. Diesen Effekt vollbringt nach Angaben des Pflanzenzüchters allerdings auch ein Farnkraut aus Mexiko, das etwa in Deutschland als Rose von Jericho verkauft werde. Es öffne und schließe sich ebenso wie die echte Rose und könne viel billiger gezüchtet werden.

"Ich halte das für reinen Betrug", ärgert sich Hamm. "Jeder sollte wissen, dass Maria auf dem Weg nach Ägypten, auf der Flucht vor König Herodes, nicht in Amerika vorbeigekommen ist." Den Weg in die ganze Welt hat die Rose von Jericho allerdings schon längst gefunden. Auch in den Vatikan - dorthin hat Hamm fünf Exemplare geschickt, um sie dem Papst zu schenken.