Ein römischer Brauch zieht alljährlich Hunderte ins Pantheon

An Pfingsten soll's Rosen regnen

Im römischen Pantheon ereignet sich jedes Pfingsten ein kleines Wunder. Denn am Ende der Messe tanzen Tausende Rosenblätter durch die Luft. Gläubig oder nicht - der Gottesdienst gilt bei Besuchern bereits als Attraktion.

Rosenfest im Pantheon in Rom (KNA)
Rosenfest im Pantheon in Rom / ( KNA )

Lange in Vergessenheit geraten, belebte ein süditalienischer Priester den Brauch neu: Don Antonio Tedesco, damals Leiter des Deutschen Pilgerzentrums in Rom und Talent für Inszenierungen. An diesem Sonntag findet das Blütenwunder zum 20. Mal statt. Seine Wurzeln reichen jedoch in die frühe Geschichte der Kirche zurück, erklärt Daniele Micheletti, Erzpriester des Pantheon.

"Es ist eine Tradition aus den ersten Jahrhunderten der Kirche", sagt er. "Zur Herabkunft des Heiligen Geistes wurden die Blüten geworfen. Der Papst nahm am Gottesdienst teil und verkündete das Datum des nächsten Osterfestes." Warum aber gerade das Pantheon diese besondere Feier hervorbrachte, begründet der Priester ganz prosaisch: "Es war eine der bekannten Hauptkirchen der Stadt, und es ist die einzige mit einer Öffnung im Dach."

Das Auge zum Himmel

Das kreisrunde Loch ist sozusagen architektonisches Alleinstellungsmerkmal des an Kirchen nicht armen Rom. Die antiken Baumeister entwarfen das Pantheon als Raumkugel: Innen ein Kreis von gut 43 Metern Durchmesser, darüber eine Kuppel von gleicher Höhe. An ihrem Scheitelpunkt öffnet sich das fast neun Meter weite sogenannte Opaion, die einzige Lichtquelle über einem perfekten Raum, ein Auge zum Himmel.

Was unter Kaiser Hadrian (117-138) zu Ehren der Götter Roms entstand, weihte Papst Bonifatius IV. (608-615) dem Gott der Christen. Aus Respekt vor der Konstruktionsleistung blieb Bau weithin unangetastet, so dass er heute als besterhaltenes Bauwerk des römischen Altertums gilt. Die antiken Ingenieure wählten ein Zementgussverfahren für die Kuppel; das macht sie relativ starr, so dass sie anders als eine gemauerte Form keine massiven Widerlager benötigt, um den Seitenschub abzufangen. Das Pantheon ruht buchstäblich in sich.

Säcke voller Rosenblätter

So dürfen sich auch die Feuerwehrleute in Sicherheit wiegen, wenn sie am Pfingstmorgen das hohe Rund ersteigen, bewehrt mit Gurtzeug und mit Säcken voller Rosenblätter bepackt. Die Blüten sind Jahr für Jahr ein Geschenk der Kleinstadt Giffoni Valle Piana ein gutes Stück südlich von Neapel. Wie viele Kilo es sind, weiß auch Don Micheletti nicht.

Während auf der Kuppel die Vorbereitungen für das Pfingstwunder im Gang sind, ballt sich unten das Volk. Um 10.30 Uhr beginnt der Gottesdienst, aber "eine Stunde vorher gibt's keinen Platz mehr", sagt der Priester. Traditionell zelebriert Militärbischof Vincenzo Pelvi die Messe, Ehrenherr der Kirche. Am Ende, wenn der Hymnus erklingt und der versammelte Klerus hinauszieht, kommt der große Einsatz der Feuerwehr.

"Zungen wie von Feuer"

Es sind sieben-acht Mann des Bereitschaftsdienstes in wechselnder Besetzung, erklärt eine Sprecherin. So hängt es von deren Feingefühl und Tagesform ab, ob der Heilige Geist eher in feinen Blütenzungen rieselt oder als kompakte Wolke niedergeht. Das Zeichen verweist auf die neutestamentliche Lesung zum Festtag: Demnach erschienen 50 Tage nach Ostern über den Aposteln "Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder".

Das Spektakel soll "eine Glaubenswirklichkeit physisch erfahrbar machen", sagt Micheletti - aber er bekennt, dass er als Theologe Schwierigkeiten damit hat. So eine bildliche Darstellung wie Rosenblätter könne die "Realität des Geistes" eben kaum annähernd wiedergeben. Gläubige wie Touristen freuen sich indessen. Und wer Pfingsten in Rom verpasst, kann am 5. August  Santa Maria Maggiore besuchen. Dann regnet es weiße Blüten, zur Erinnerung an ein Schneewunder, dem sich die Gründung der Basilika verdankt.

Von Burkhard Jürgens

 


Touristen im Pantheon in Rom (KNA)
Touristen im Pantheon in Rom / ( KNA )
Quelle:
KNA