Ein großes Fest zur Halbzeit des Jubiläumsjahres in Tours

Harleys im Martinssommer

Frankreich ist derzeit nicht nur Gastgeberland der Fußball-EM. Im Martinsjahr 2016 lädt auch die Stadt Tours zum 1.700. Geburtstag ihres heiligen Bischofs ein. Am Wochenende gibt es ein Sommerfest ohne Schalldämpfung.

Motorradfahrer / © Fredrik von Erichsen (dpa)
Motorradfahrer / © Fredrik von Erichsen ( dpa )

Und schon ist die Hälfte des internationalen Festjahres zum 1.700. Geburtstag des heiligen Martin von Tours vorbei. Quasi als Bergfest feiern der Europarat, die Stadt Tours und das Centre Culturel Europeen Saint Martin de Tours an diesem Wochenende einen symbolischen Start des "Martinssommers".

Mit dem Empfang von Pilgerwanderern, die über 2.500 Kilometer lang vom ungarischen Szombathely (Steinamanger), dem Geburtsort Martins, auf den europäischen Martinswegen bis an die Loire gelaufen sind, wird auch symbolisch die "Via Sancti Martini" eingeweiht, ein europäisches Wegenetz auf den Spuren jenes heiligen Bischofs von Tours aus dem 4. Jahrhundert.

Europäische Martinswege

Die Jakobswege nach Santiago de Compostela waren und sind ein Riesenerfolg: 300.000 Pilger jährlich laufen auf Haupt- und Nebenstrecken zum heiligen Jakobus nach Nordspanien. Eine tolle Geschichte, eine Riesenerfahrung - fand auch Antoine Selosse. Aber dem Initiator des "Europäischen Kulturzentrums Saint Martin de Tours" fehlte eine entscheidende Komponente: Vielen gehe es zu sehr ums Ankommen und zu wenig um das Gemeinsame auf dem Weg. "Der Jakobsweg wird konsumiert. Die Landschaft, die Leute am Wegesrand werden konsumiert."

Selosse brachte deshalb ein internationales Projekt auf den Weg, das den heiligen Martin und das Teilen in den Vordergrund stellt: die "Via Sancti Martini". Diese (Rad-)Wanderwege durch Frankreich - aber auch bis Ungarn, Italien, England, Kroatien - sind nicht einfach auf das Ziel Tours ausgerichtet. Selosse stellt sich einen Weg vor, wo nicht nur das Ziel das Ziel ist, sondern der Weg selbst. Wo der Wanderer von den Menschen am Weg lernt und mit ihnen teilt.

Der heilige Martin ist dafür der Richtige - ein Heiliger der Nächstenliebe und ein echter Europäer: Geboren um 316/17 im heutigen Szombathely, verbringt er seine Jugend als Soldatensohn in Pavia. In Amiens teilt er als Offizier einer römischen Eliteeinheit seinen Mantel mit einem Bettler, empfängt die Taufe und bittet den Kaiser bald darauf in Worms, aus dem Militärdienst ausscheiden zu dürfen.

Unterwegs auf Missionsreisen

Als Einsiedler gründet er in Liguge das erste Kloster Galliens. Gegen seinen Willen zum Bischof von Tours gemacht, unternimmt er weite Missionsreisen. Mehrfach ist er in kirchenpolitischer Mission beim Kaiser in Trier und Mainz. Irgendwann sollen die europäischen Martinswege in etwa 100 Kilometer lange Teilstrecken mit je eigenem thematischem Schwerpunkt aufgeteilt

sein: Artenvielfalt etwa, Tierschutz, Wasser, regionales Handwerk und so fort. Selosse lässt seinem Projekt freilich Zeit: "Ende der 80er Jahre, als der Europarat den Jakobsweg neu auf die Agenda setzte, war dort auch noch nicht viel los. Es hat 20 Jahre gebraucht, bis wir die Wiedergeburt der Pilgertradition von heute sehen."

Beim Sommerfest in Tours soll es auch eine Parade mit internationalen Delegationen der Martinsorte im Stadtzentrum geben. Ihre traditionellen Kostüme sollen die Vielfalt des Martinsbrauchtums in Europa und weltweit veranschaulichen. Enthüllt wird zudem die renovierte Statue auf der Kuppel der Martinsbasilika, einem neobyzantinischen Bau (1886-1924) an der Stelle der im Zuge der Französischen Revolution zerstörten Pilgerkirche des Mittelalters.

Kostüm-Parade

Anfang 2014 hatte ein Sturm die Verankerung der Statue beschädigt. In der Kathedrale Saint-Gatien gibt es Samstagabend ein Konzert von Chören aus Szombathely und Tours. Und an deren spätgotischer Fassade soll ab diesem Tag auch den ganzen Sommer über allabendlich mit Einbruch der Dunkelheit eine Ton- und Licht-Show stattfinden.

In Marmoutier am anderen Loire-Ufer, wo Martin einst ein bedeutendes Kloster gründete, veranstaltet die Diözese Tours ein "Geburtstags-Picknick". Hier gibt es zudem - zwischen dem 8. Juli und dem 28. August an insgesamt 16 Abenden - knapp zweistündige Nachtführungen (Anmeldung über das Tourismusbüro Tours Val de Loire).

Harley-Davidson-Rallye

Und, das "Coolste" zum Schluss: Auf den Martinswegen der Touraine findet am Wochenende eine Harley-Davidson-Rallye statt - laut und vernehmlich, wie auch der Christenmensch es sein soll.  Auch in Martins Geburtsort Szombathely in Ungarn wird im Juli groß gefeiert. Wichtigstes Event dort ist eine Woche nach Tours ein internationales Martinus-Treffen (9./10. Juli), zu dem Papst Franziskus den Prager Kardinal Dominik Duka als seinen Vertreter entsandt hat.


Quelle:
KNA