Zugegeben: Zu diesem Thema hat die Autorin dieses Textes einen ganz persönlichen Zugang. Denn eine gute Freundin der Familie sang ihr schon im Babyalter Kirchenlieder vor, wenn diese auf sie aufpasste. Ihr Repertoire an Kinder- und Schlafliedern war begrenzt. Doch Stücke aus Kirche und Kirchenchor, die saßen. Statt "La Le Lu" erklangen Klassiker wie "Großer Gott, wir loben dich" oder der rheinische Oster-Gassenhauer "Das Grab ist leer". Noch heute behauptet sie scherzhaft, so dazu beigetragen zu haben, dass die Autorin sich seither stets für kirchliche Themen interessierte.
Kirchenlieder mit Babys im Alter zwischen vier und 18 Monaten singen - das ist auch Inhalt eines Workshops an einem sonnigen Oktobermorgen in der evangelischen Kirche Sankt Michael in der Fürther Innenstadt. Chorleiterin Monja Fuchs hat im Altarraum Tücher und Kissen verteilt; auch Glöckchen, eine Triangel, eine Gitarre und Gesangbücher liegen bereit - und ihr Maskottchen, ein roter Fuchs. Fünf Mütter trudeln nach und nach mit ihren Babys ein.
Aufwachsen mit Kirchenmusik
"Ich habe schon gemerkt, dass er auf Musik und Bewegung anspringt", erzählt Adriana, die mit Sohn Eliah gekommen ist. "Musik ist immer gut und im Kirchenraum etwas ganz Besonderes", ergänzt Johanna. Kirchenlieder seien einfach etwas anderes. "Mal schauen, was du dazu meinst", sagt sie lächelnd mit einem Blick auf ihren Sohn Leo.
Eine Dreiviertelstunde lang wird Fuchs mit ihnen und den anderen Anwesenden eine Auswahl von Kirchenhits singen - kindgerecht, mit spielerischen Elementen wie zum Beispiel Seifenblasen. Zum ersten Mal in Bayern, sagt Fuchs. In Deutschland steckt das Angebot noch in den Kinderschuhen.
Das Konzept des "Babysalmesang" ("Baby-Kirchenliedersingen") stammt aus Dänemark. Hier begann Pfarrerin Helene Dam aus der evangelisch-lutherischen "Folkekirken" ("Nationalkirche") Anfang der 2000er Jahre damit, den Kleinsten so Kirchenlieder näher zu bringen. Man solle nicht nur darauf achten, was die Kinder mit dem Mund erkunden, sondern auch darauf, was in ihre Ohren hineinkommt, ist laut Homepage der Folkekirk die Idee dahinter. Kinder sollten selbstverständlich mit Kirchenmusik aufwachsen, gleichzeitig werde der Kirchenbesuch für Eltern normaler. Der "Babysalmesang" sei in Dänemark inzwischen weit verbreitet.
Musik weckt Emotionen - auch bei Babys
Als Fuchs ihrer Triangel den ersten Ton entlockt, wird es still. Die Kleinen blicken gebannt zu ihr. Sie beginnt mit einem Willkommenslied mit passenden Bewegungen, die Eltern ziehen nach und auch einige Kinder versuchen es. Ein blondes Baby in einem gestreiften Pulli hält es jetzt schon kaum auf seinem Platz aus und will unbedingt mitmachen. Ein anderes liegt auf dem Bauch und schaut mit großen Augen umher. Als nächstes erklingen zur Gitarre Lieder aus dem Gesangbuch - "Tanzen, ja tanzen wollen wir" und eine deutsche Version des Cat-Stevens-Hits "Morning Has Broken". Zwischendurch können die Kinder mit den Glöckchen selbst Geräusche machen.
Beim Klassiker "Lobe den Herren" packt Fuchs ein großes Regenbogentuch aus. Die Eltern fordert sie auf, mitzusingen, damit die Kinder ihre Stimmen hören. So wachse Vertrauen. Für die Chorleiterin ist klar: "In dem Alter verstehen die Kleinen die Texte noch nicht so, aber sie wachsen hinein." Die Musik ermögliche es ihnen und den Eltern, eine positive Botschaft mitzunehmen. Die Babys erlebten in einem geschützten Umfeld emotionale Geborgenheit. "Musik gibt uns eine Möglichkeit, Emotionen zu fühlen, die sonst vielleicht verloren gegangen wären", sagt Fuchs.
Den Kirchenraum erkunden
Natürlich bleiben nicht alle Kinder die ganze Zeit still sitzen. Vielmehr rollen, krabbeln und laufen sie zwischendurch umher. Eines interessiert sich etwa brennend für ein Lüftungsgitter, dann für die Kirchenbänke und schließlich für den Altar. Das ist aber durchaus gewollt, wie Fuchs erklärt: "In der Kirche geschieht viel sinnliche Wahrnehmung: Die Musik, aber auch die bunten Kirchenfenster oder die angezündeten Kerzen." Die Atmosphäre des Kirchenraumes bereite darauf vor, eine positive Botschaft in Empfang zu nehmen. Die Kinder sollen deshalb die Möglichkeit haben, den Raum zu erkunden.
Zum Abschluss ertönt "Komm Herr, segne uns". Dazu wird ein Teelicht in einem hohen Glas herumgereicht. Als der letzte Ton verklungen ist, schwärmt eine Mutter: "Allein schon der Klang ist in der Kirche einfach besonders." Eine andere meinte: "Die Lieder, der Raum, der Klang - das ist alles so schön und zugewandt." Und Christine mit Sohn Theo erzählt, wie sehr sie das Kirchenliedersingen auch selbst genossen hat. "Selbst wenn die ganz Kleinen noch nicht viel von den Texten verstehen, die Bedeutung der Lieder ist für mich schön." Sie möchte, dass Theo selbstverständlich mit all dem aufwächst.
Am Ende sind die Eltern zufrieden und die Kinder irgendetwas zwischen gebannt, beseelt und müde. Fuchs kann sich bei ausreichend Nachfrage gut vorstellen, das Babykirchenliedersingen häufiger in Fürth anzubieten. "Jetzt aber erstmal sacken lassen", lautet ihr Fazit nach der ersten Runde. Alles Weitere wird sich finden.