Weihbischof Johannes Kreidler wird 75

Ein Bischof zurück an der Basis

Er war mehr als ein Vierteljahrhundert lang Deutschlands dienstältester Weihbischof. 2017 schied er freiwillig aus, jetzt wird Johannes Kreidler 75 Jahre alt. Seinen freiwilligen Rückzug vor vier Jahren bedauert er nicht.

Autor/in:
Michael Jacquemain
Weihbischof Johannes Kreidler wird 75 / © Harald Oppitz (KNA)
Weihbischof Johannes Kreidler wird 75 / © Harald Oppitz ( KNA )

Johannes Kreidler wirkt mit sich im Reinen: Seinen freiwilligen Rückzug nach mehr als einem Vierteljahrhundert als Weihbischof bedauert er bis heute nicht. "Es war auch Zeit, dass neue Gesichter in die erste Reihe treten", sagt Kreidler. Am 31. Mai wird er 75 Jahre alt.

Freiwilliger Rückzug 2017

Als er 2017 seinen Staffelstab in der Bistumsleitung übergab, da war er Deutschland ältester amtierender Weihbischof. Seinen Ansichten ist er auch anschließend treu geblieben. Kreidler, der sich "von Haus aus nicht als einen Liberalen" sieht, hält trotzdem innerkirchliche Reformen für notwendig. Pflichtzölibat, Diakoninnenweihe - bei diesen Reizthemen plädiert er für Änderungen.

Mit Interesse und Sympathie verfolgt er das Reformprojekt des Synodalen Weges, wenngleich er fürchtet, "dass die deutsche Kirche vielleicht eine vergebliche Mühe auf sich nimmt". Im Weltmaßstab sei die hiesige Kirche nicht bedeutsam, und es wirke manchmal so, als ob die Deutschen die anderen belehren wollten. Als einzigen Schlüssel sieht er "teilkirchliche Lösungen", also Neuerungen auf Ebene eines Landes oder eines Kontinentes.

"Stiller Beobachter", der aber Änderungen registriert

Sich selbst beschreibt der frühere Assistent des vormaligen Professors und späteren Bischofs und Kurienkardinals Walter Kasper als "stillen Beobachter, der nicht viel gesagt hat". Aber er registriert Änderungen, etwa dass Positionen heute "immer schärfer vorgetragen werden". Franziskus ermutige mit seiner Art Reformbestrebungen, aber "nach These und Antithese fehlt oft die Synthese". Und ohne die gehe es nicht, sonst "fliegt das Ganze auseinander".

Auch aktuelle Konflikte wie den zwischen der Theologin Johanna Rahner und dem Passauer Bischof Stefan Oster, der sich an der Frage des Umgangs der katholischen Kirche mit Frauen entzündet hatte, sind bei Kreidler auf dem Schirm. Es ist eine typische Kreidler-Antwort, als er schon vor der öffentlichen Versöhnung der beiden nach längerem Schweigen seine Hoffnung geäußert hatte, dass "ein Gespräch zustande kommen muss. Die müssen dringend miteinander reden." Es passt, dass Kreidlers bischöflicher Wahlspruch "Der Versöhnung dienen" heißt.

An Basis spielen Reizthemen kaum eine Rolle

In seinem Alltag ist Kreidler von diesen Fragen indes oft weit weg. Er lebt in jeweils getrennten Wohnungen mit zwei seiner Schwestern in einem Haus im kleinen Ort Grünmettstetten, 30 Kilometer von Rottenburg entfernt. An der Basis spielen die Reizthemen oft kaum eine Rolle, so sein Eindruck. "Die jungen Leute interessiert es überhaupt nicht. Und auch früher stark Engagierte gehen auf Distanz. Ich empfinde das als große Not."

Für schwierig hält er die Einschränkungen, die aus der Corona-Pandemie folgen. Was er sich für den Ruhestand vorgenommen hatte, lässt sich oft nicht realisieren. Zwar hätte er grundsätzlich mehr Zeit für  seine große Familie, "aber wir dürfen uns ja nicht besuchen". Grundsätzlich will sich der doppelt Geimpfte aber nicht beschweren: "Die wirklichen Probleme haben Familien; denen geht es nicht gut."

Ruhestand von Kreidler

Eine andere Hoffnung Kreidlers war, im Ruhestand Europas Norden erkunden zu können. Zumindest die drei baltischen Länder konnte er inzwischen besuchen, "und das waren sehr schöne Tage". Auch die ostdeutschen Bundesländer, die er vorher nur durch Tagungen und Konferenzen kannte, hat er sich "mal näher angeschaut".

Seinen Geburtstag will Kreidler im sehr kleinen Kreis feiern. Auch den 30. Jahrestag der Bischofsweihe am 31. August, also exakt ein Vierteljahr nach dem 75., plant Kreidler, der im Bistum bei aller Intellektualität wegen seiner freundlich-zurückhaltenden Art sehr beliebt ist, im überschaubaren Rahmen mit einem Gottesdienst.


Quelle:
KNA
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