Ein Betrugsskandal erschüttert die Evangelische Kirche im Rheinland

Zweifelhafte Geschäfte

Durch "ein zweifelhaftes Anlagegeschäft" und daraus folgende Zinsausfälle ist die kircheneigene Gesellschaft "Beihilfe und Bezüge-Zentrum" in Bad Dürkheim in finanzielle Schieflage geraten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

 (DR)

Wie Präses Nikolaus Schneider und Vizepräsident Christian Drägert am Montagabend in Düsseldorf mitteilten, laufen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs. Zur Schließung von Finanzlücken und zur Vermeidung einer Insolvenz habe die Kirche insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.



Bei der Gesellschaft "Beihilfe und Bezüge-Zentrum" (bbz) handelt es sich nach den Angaben um eine Firma, über die die rheinische Kirche sowie andere Kirchen und Institutionen unter anderem Personal- und Beihilfeabrechnungen abwickeln. Dem Abrechnungsunternehmen würden entsprechend den Gepflogenheiten in der Branche frühzeitig die zu verrechnenden Gelder zugeführt, um damit zwischenzeitlich auf dem Kapitalmarkt Zinserträge zu erzielen. Diese Praxis trage zur Kostendeckung bei. Die bbz habe sich aber einem Anlagemodell zugewandt, bei dem Erträge versprochen worden seien, die weit über dem marktüblichen Zinsen liegen. Die in Aussicht gestellten Erträge seien aber bis heute nicht geflossen.



Nach Kirchenangaben wurden im Oktober bereits 16 Millionen Euro aus den Rücklagen der Kirche bereitgestellt, um die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zu sichern. Nun seien weitere vier Millionen Euro hinzugekommen, auch um die Gutachten externer Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer zu finanzieren. Den verantwortlichen Geschäftsführern und dem Prokuristen wurde laut Drägert gekündigt. Zudem wurde ein neuer Geschäftsführer eingesetzt. Als EKiR-Vizepräsident habe er selbst den Vorsitz der Gesellschafterversammlung übernommen, die als Aufsichtsgremium fungiere. Die bbz mit etwa 90 Mitarbeitern betreue 1.200 Kunden, darunter auch katholische Institutionen, wie es hieß. In den Jahren 2009 und 2010 seien durchschnittlich rund 120.000 Beihilfefälle und etwa 25.000 Personalfälle monatlich abgerechnet worden.



Strafanzeige gegen mehrere Personen

Nach den Worten von Drägert wurden die Jahresabschlüsse des Unternehmens seit 2007 "entweder nur eingeschränkt testiert, gar nicht testiert, nicht korrekt aufgestellt und nicht rechtskonform veröffentlicht". Trotzdem sei die Geschäftsführung von der Gesellschafterversammlung teilweise entlastet worden. Neben strukturellen Problemen hätten die fehlenden Einnahmen aus der Anlage dazu geführt, dass über Jahre Verluste angewachsen seien, die zu einer Überschuldung und zu Liquiditätsproblemen geführt hätten.



Die EKiR stellte nach Kirchenangaben Strafanzeige gegen mehrere Personen wegen des Verdachts des Kapitalanlagenbetrugs und löste damit staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aus. Einige Betroffene hätten sich ins Ausland abgesetzt. Zudem habe die Kirchenleitung gegen einzelne Personen aus dem Bereich der Gesellschafterversammlung die Verfolgung von zivilrechtlichen Ansprüchen beschlossen. Drägert betonte, dass er angesichts des laufenden Verfahrens und der kircheninternen Prüfung derzeit nichts dazu sagen könne, wer wann was gewusst habe und wie die Vertreter der Kirche als Alleingesellschafter eingebunden gewesen seien.



Schneider nannte den Vorgang "bitter", weil ein kirchliches Unternehmen Maß und Ziel aus den Augen verloren habe. Drägert sagte, die Kirchengemeinden und -kreise würden zwar nicht belastet, weil die 20 Millionen Euro aus der landeskirchlichen Ausgleichsrücklage kämen. Aber das könne angesichts des Finanzdrucks der Kirche kein Trost sein.