Echternacher Springprozession verlangt minutiöse Planung

"Nichts dem Zufall überlassen"

Das zweite Mal nach Corona findet die Echternacher Springprozession wieder statt. Bis zu zehntausend Springer pilgern an die Grenze zu Luxemburg. Wie viel Arbeit es ist, dass Takt und Musik stimmen, weiß Mitorganisator Raoul Scholtes.

Prozession mit Pilgern und Bischöfen am Morgen des 7. Juni 2022 über die Grenzbrücke von Echternacherbrück in Deutschland nach Echternach in Luxemburg.
Prozession mit Pilgern und Bischöfen am Morgen des 7. Juni 2022 über die Grenzbrücke von Echternacherbrück in Deutschland nach Echternach in Luxemburg.

DOMRADIO.DE: Zwei Schritte vor, einen zurück. Das ist das Sprichwort, das man mit der Springprozession verbindet. Das stimmt aber so gar nicht, oder?

Raoul Scholtes (Vizepräsident des Organisationskomitees der Echternacher Springprozession): Ja, es geht bei der Springprozession eigentlich nie nach hinten, sondern immer nur nach vorne. Man will ja weiterkommen. Es geht zwar von links nach rechts, aber immer nach vorne. Das andere ist historisch gewachsen, wahrscheinlich durch viele Beobachtungen und weil manchmal das Ganze auf laufender Strecke stockt.

Wenn dann jemand, der die Springprozession noch nie vorher gesehen hat, sieht, dass die Leute auf der Stelle springen, dann kann es zu einer Fehlinterpretation kommen. Aber es geht immer nur nach vorne.

Teilnehmer halten weiße Tücher zwischen einander während der Echternacher Springprozession am 7. Juni 2022 im luxemburgischen Echternach. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Teilnehmer halten weiße Tücher zwischen einander während der Echternacher Springprozession am 7. Juni 2022 im luxemburgischen Echternach. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Aber es ist trotzdem ganz interessant, dass Sie es mit Ihrer Prozession und Ihrem Ort in den katholischen Sprachgebrauch geschafft haben.

Scholtes: Ja, richtig. Und dann auch noch mit etwas, was nicht wirklich stimmt.

DOMRADIO.DE: Wie genau läuft denn die Prozession ab? Das ist eine Tanzprozession und es gibt eine festgelegte Musik, die die ganze Zeit läuft.

Scholtes: Es gibt eine präzise Musik, auch mit einem präzisen Tempo. Das wird den einzelnen Musikkapellen im Voraus auch immer kommuniziert. Sie werden immer wieder daran erinnert, dass bitte genau so und nicht anders gespielt werden muss.

Die Springprozession fängt morgens um halb zehn an und dauert, je nach Wetterlage und je nachdem wie viele Leute teilnehmen, bis halb eins oder ein Uhr.

Musikverein am 7. Juni 2022 während der Echternacher Springprozession im luxemburgischen Echternach.
Musikverein am 7. Juni 2022 während der Echternacher Springprozession im luxemburgischen Echternach.

Die Gruppen springen abwechselnd die geraden Zahlen und die ungeraden Zahlen, damit man seine Musikkapelle hört. Dann wird das abgesprungen. Dann werden die nächsten abgewartet und es wird wieder angefangen. Der ganze Rundkurs dauert ungefähr eine Stunde.

DOMRADIO.DE: Es ist nicht das erste Mal, dass Sie das Ganze mitorganisieren. Wie aufwendig ist das denn? Wie viel Arbeit muss man da reinstecken?

Scholtes: Es ist fast wie bei Wahlen. Es heißt ja immer, nach der Wahl ist vor der Wahl. Und bei der Springprozession ist es genauso. Das heißt, am Tag danach steht schon die erste Nachbewertung für nächstes Jahr an, wo Dinge gut gelaufen sind oder eventuell nicht.

Dann ruht es ein paar Monate. Aber ab Oktober, November geht es schon wieder los, um die Anmeldungen reinzukriegen. Dann sind wir wieder fast das ganze Jahr über mit der Organisation im Gange.

DOMRADIO.DE: Was muss denn da alles vorbereitet werden?

Scholtes: Vor allem muss man wieder jeweils die einzelnen möglicherweise teilnehmenden Gruppen anschreiben. Aber auch das ganze Aufstellen der Prozession gehört zur Vorbereitung. Letztes Jahr nach der Corona-Pandemie waren es ein bisschen weniger, da waren wir etwas knapp über 7.000, aber meistens sind wir so um die 9.000 bis zu 10.000 Springer.

Raoul Scholtes

"Das kann ja nicht dem Zufall überlassen werden, wer da wann wo springt."

Das kann ja nicht dem Zufall überlassen werden, wer da wann wo springt. Das heißt, da werden präzise Regeln, sozusagen präzise Startnummern vergeben, damit jeder weiß, wo er sich aufstellen kann, damit das Ganze flüssig läuft und nicht im Chaos endet. Das ist halt in dem Vorlauf ziemlicher Aufwand.

DOMRADIO.DE: Wie läuft denn die Vorbereitung nach der Corona-Pandemie? Gehen Sie davon aus, dass jetzt wieder alles auf dem gewohnten Niveau laufen wird?

Scholtes: Es müsste mehr oder weniger wieder auf dem alten Niveau laufen. Organisatorisch war es von uns aus jetzt kein Problem.

Wir hatten vor allem letztes Jahr das Gefühl, dass viele Gruppen mit höherem Durchschnittsalter noch ein bisschen gezögert hatten, weil die Corona-Situation noch nicht ganz klar war.

Da hoffen wir, dass das dieses Jahr besser läuft.

DOMRADIO.DE: Es gab 2018 einen großen Streit in Luxemburg, weil Schulkinder, die als Klassen teilnehmen, nicht mehr automatisch, sondern nur auf Antrag zur Prozession frei bekommen hatten. Das hatte viel mit dem Verhältnis von Kirche und Staat in Luxemburg zu tun. Ist der Konflikt inzwischen gelöst?

Scholtes: Also das das Problem besteht in verschiedenen Jahrgängen weiterhin. Fällt die Springprozession in die Pfingstferien, die wir hier in den Schulen haben, dann gibt es kein Problem.

Nur wenn sie auf ein Datum außerhalb der Ferien fällt, und danach sieht es im Moment aus, gäbe es nicht für jeden automatisch schulfrei.

Dies wird neben der Aufsichtspflicht damit begründet, dass sich die Zeiten geändert hätten und die meisten, die dann frei bekämen, ohnehin nicht zur Prozession kommen würden. Darüber könnte man effektiv streiten. Aber gut, es ist halt so wie es ist . Wir haben uns damit arrangiert.

Raoul Scholtes

"Dann hatten die Schüler aber auch problemlos frei gekriegt. Sie mussten es nur beantragen."

Nun hatten wir auch schon zweimal den Fall, dass die Springprozession außerhalb der Schulferien stattfand. Dann hatten die Schüler aber auch problemlos frei gekriegt. Sie mussten es nur beantragen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Echternacher Springprozession

Die Springprozession in Echternach ist eine Wallfahrt zu Ehren des heiligen Missionsbischofs Willibrord (658-739), der im 7. Jahrhundert das Kloster in Echternach gründete. Die Prozession am Dienstag nach Pfingsten ist ein wichtiger Bestandteil der nationalen, religiösen und kulturellen Identität Luxemburgs. Sie führt Springer, Beter, Geistliche und Musikgruppen zu einer polkaartigen Melodie durch die Stadt und endet am Grab Willibrords in der Krypta der Echternacher Basilika.

Springer halten ein Tuch während der Echternacher Springprozession / © Julia Steinbrecht (KNA)
Springer halten ein Tuch während der Echternacher Springprozession / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR