Echternach erwartet Tausende Pilger

Sprunghafte Tradition

"Drei Schritte vor und zwei zurück." Wer mühevolle Entscheidungsfindungen beklagen will, wer ein Hin und Her von Koalitions- und anderen Streitparteien kritisieren möchte, wer den Fortschritt als Schnecke empfindet, der spricht gerne von einer "Echternacher Springprozession". Am Dienstag fand sie wieder statt, wie jedes Jahr direkt nach Pfingsten - seit dem Mittelalter.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Ihren Ursprung hat die Prozession in der Verehrung des heiligen Missionsbischofs Willibrord (658-739). Jedes Jahr kommen zu dem Umzug in der Regel mehr als 10.000 Teilnehmer aus den Benelux-Ländern und Deutschland, um sich von einem Bein auf das andere springend langsam fortzubewegen. Wie viele es letztlich werden, hängt nicht zuletzt stark vom Wetter ab. Bislang sieht es da für dieses Jahr gut aus: Sonnig soll es werden, wenngleich etwas frischer als am fast frühsommerlichen Pfingstwochenende.

Auch prominente Gäste erwartet die kleine 4.000-Einwohner-Gemeinde im Osten des Großherzogtums Luxemburg regelmäßig zu ihrem jährlichen Großereignis. An kirchlichen Würdenträgern haben sich nach Angaben des Erzbistums Luxemburg in diesem Jahr unter anderem die Bischöfe Felix Genn aus Münster, Franz-Peter Tebartz-van Elst aus Limburg, Franz-Josef Overbeck aus Essen, Heinrich Mussinghoff aus Aachen und natürlich Stephan Ackermann aus dem benachbarten Trier angesagt.

Hochrangige Kirchen-Repräsentanten
Aber auch aus der Schweiz, den Niederlanden und Belgien kommen hochrangige Kirchen-Repräsentanten, und selbstverständlich auch die Äbte benachbarter Abteien wie Himmerod oder Maria Laach. Die Eröffnungsandacht feiert der Luxemburger Erzbischof Fernand Franck schon am Montagabend, Prediger ist dabei Aachens Bischof Mussinghoff.

Bei der Prozession selbst wird tatsächlich gesprungen - aber nicht so vermeintlich ziellos, wie es das Sprichwort glauben machen möchte. Gesprungen wird erst nach rechts, dann nach links und immer auch ein bisschen nach vorne. Frauen in weißen Blusen und dunklen Röcken, Männer im weißen Hemd und mit blauen oder schwarzen Hosen zeigen, wie es geht. Sie haben den Ehrenplatz am Ende des Prozessionszuges. Ganz vorne schreitet feierlich die Feuerwehr der Gemeinde am Grenzflüsschen Sauer, geschultert die zierliche Willibrord-Statue, die die Prozession anführt. Mehr als 40 Musik- und Springergruppen zählt das diesjährige Programm auf.

Glaubt man alten Chroniken, so gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Formen der Springprozession. Das Klischee des Vor und Zurück soll vor allem darauf zurückzuführen sein, dass beim Stocken des Prozessionszuges die Pilger auf der Stelle springen mussten. Für Beobachter habe daraus der Eindruck entstehen können, sie seien zunächst nach vorne, dann wieder nach hinten gesprungen.

Erste Sprünge im elften Jahrhundert
Etwa eine Stunde dauert der eigentliche Prozessionsweg, der sein Ende am Grab des Heiligen Willibrord in der Krypta der Basilika findet. Begleitet werden die zahlreichen Pilger dabei von Musikkapellen, die alle die gleiche Weise spielen - ein Volkslied, das im Laufe der Zeit immer reicher gestaltet wurde. Die Melodie wurde 1850 von einem Trierer Musiker in ihre heutige Form gebracht.

Die Tradition der Springprozession ist aber weit älter. Eine Erwähnung von Sprüngen zu Ehren des heiligen Willibrord haben Historiker bereits in Urkunden aus dem elften Jahrhundert entdeckt. Ob damit die Echternacher Prozession gemeint war, ist freilich nicht völlig sicher. Springprozessionen gab es zumindest im Mittelalter auch in anderen Teilen der Eifel, etwa in Prüm. Sicher ist aber, dass Echternach schon früh nach dem Tod des heiligen Willibrord 739 die Pilgermassen anzog.

Doch warum überhaupt gesprungen wird, das liegt im Dunkeln. Eine der Theorien besagt, die Springprozession ahme das Fallen von Epileptikern nach, denn Willibrord wurde gegen diese Krankheit angerufen. Andere sehen in der Tanzprozession den Ausdruck lebensbejahender Freude. Moderne Interpretationen deuten die durchaus anstrengende Fortbewegungsart als "Beten mit den Füßen". Und nicht zuletzt sei es ein Gemeinschaftserlebnis - denn die Teilnehmer der Prozession sind durch Tücher miteinander verbunden.