DZI über Spenderverhalten der Deutschen

Adventszeit – Spendenzeit?

Der typische Spender ist mittlerweile älter als 70. Warum das so ist und was die Kirche damit zu tun – das hat Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen, das auch die Spenden-Siegel vergibt, erklärt.

Spenden / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Spenden / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

DOMRADIO.DE:  Warum spenden die Älteren mehr?

Burkhard Wilke (Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen): Die Älteren blicken einmal auf eine Lebenserfahrung zurück, sie wissen aber auch, wieviel Geld sie haben, das sie spenden können. Jüngere Menschen bauen ihr eigenes Leben, ihre wirtschaftliche Existenz erst auf. Wir kennen die "Generation Praktikum" und wir wissen aus anderen Quellen, dass junge Menschen immer später in einigermaßen gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen ankommen; nicht zuletzt auch durch die große Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen oder durch veränderte Lebensplanung bedingt, durch die man erst sehr spät in die Berufstätigkeit kommt.

DOMRADIO.DE:  Welche Rolle spielt da die Religiosität?

Wilke: Ein weiterer Aspekt ist sicherlich die in der Gesellschaft abnehmende Religiosität. Noch vor 20, 30 Jahren haben viele Menschen – auch jüngere Menschen – durch Zugehörigkeit zu den Kirchen und regelmäßigen Kirchbesuch das Spenden gelernt. Das ist mit der Erosion der Religiosität stark weggebrochen. Hier suchen die Spendenorganisationen nach neuen Zugängen zu den jungen Menschen. Es ist ja nicht so, als seien die nicht ansprechbar; es müssen aber neue Zugänge und neue Kommunikationsformen etabliert werden.

DOMRADIO.DE: Was ist mit der Gruppe der Mittelalten – der 40-,50-Jährigen, die doch mitten im Berufsleben stehen: Sind die geiziger als Ihre Eltern und Großeltern?

Wilke: Die spenden auch. Laut der Umfrage bringt die Gruppe der 40- und 50-Jährigen sogar ein etwas höheres Spendenvolumen auf pro Jahr als die Gruppe der über 70-Jährigen. Beide Gruppen erreichen ein ungefähres Spendenvolumen von 210 oder 220 Euro pro Person im Jahr. Erfreulich finde ich, dass in dieser Umfrage auch erkennbar ist, dass der Anteil der Spender bei den unter 30-Jährigen zugenommen hat: 2016 waren es noch knapp 13 Prozent, jetzt sind es 14 Prozent. Das wird im Übrigen auch durch den zweiten Engagementbericht der Bundesregierung bestätigt, der im Sommer dieses Jahres vorgestellt worden ist und der von einer gestiegenen Engagementbereitschaft der Jugendlichen berichtet.

DOMRADIO.DE:  Wie können so neue Kommunikationsformen denn aussehen?

Wilke: Das sind natürlich Onlinespendenformen. Gerade bekannte größere und mittelgroße Spendenorganisationen haben inzwischen Auftritte in den sozialen Medien entwickelt. Die Onlinespende ist zur Regelmäßigkeit geworden. Sie ist auch eine sichere Spende, sofern die Organisation vertrauenswürdig ist. Gerade Twitter und Facebook sind wichtige Kommunikationsformen. Der Anreiz zum Spenden ist oft aber auch eine Frage der Gelegenheit. Soziologen sprechen von "Gelegenheitsstrukturen". In dem Zusammenhang möchte ich noch mal auf die abnehmende Religiosität hinweisen: Kirchen bieten in ihren Gemeinden und in ihren Veranstaltungen regelmäßige Anlässe zum Spenden. Das ist auch heute noch eine ganz wichtige Quelle für das Spendenaufkommen. In dem Maße aber, in dem gerade jüngere Menschen die kirchlichen Strukturen weniger aufsuchen, müssen sich Hilfsorganisationen neue Kontaktformen ausdenken. Das kann zum Beispiel ehrenamtliche Arbeit sein wie der Aufbau von regionalen Aktionen und Unterstützungsgruppen. Das heißt, solange junge Menschen noch nicht viel Geld haben, sind sie häufig bereit, sich für konkrete Projekte zeitlich befristet zu engagieren.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR