DVHL berichtet von ungewöhnlichem Karfreitag in Jerusalem

"Dankbar für den Mut der Pilger"

Trotz des Krieges haben Christen in Jerusalem den Karfreitag begangen. Matthias Vogt vom Deutschen Verein vom Heiligen Lande hat an der Prozession und der Osternacht in der Grabeskirche teilgenommen, die dort früher stattfindet.

Karfreitagsprozession auf der Via Dolorosa 2024 in Jerusalem / © Debbie Hill (KNA)
Karfreitagsprozession auf der Via Dolorosa 2024 in Jerusalem / © Debbie Hill ( KNA )

DOMRADIO.DE: Trotz des Krieges im Nahen Osten sind Sie nach Jerusalem gereist für die Heilige Woche. Wie haben Sie die Prozession zum Karfreitag erlebt? Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen? 

Matthias Vogt / © DVHL (DVHL)
Matthias Vogt / © DVHL ( DVHL )

Matthias Vogt (Generalsekretär des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande): Es war eine unerwartet große Prozession. Es sind zwar wegen der Kriegssituation nicht so viele Pilgergruppen und Pilger im Heiligen Land wie normalerweise an Ostern, aber es sind doch einige gekommen. Sehr viele Einzelpilger sind unterwegs in der Stadt, in den Gottesdiensten und auch bei der Prozession. 

Die Prozession auf der Via Dolorosa mit den Franziskanern ist relativ ruhig verlaufen. Jedenfalls hat man als normaler Pilger, der in der Menge war, nicht mitbekommen, dass irgendetwas vorgefallen wäre. Wir konnten den Kreuzweg mit den Franziskanern normal beten von der ersten Station bis zur Grabeskirche. 

Matthias Vogt

"Die Pilgerinnen und Pilger sind sehr froh und sehr dankbar, dass sie hier sein können."

DOMRADIO.DE: Normalerweise kommen Zehntausende Menschen an Karfreitag nach Jerusalem. Wie haben Sie jetzt die Stimmung mit weniger Leuten wahrgenommen? 

Vogt: Die Pilgerinnen und Pilger, die hier sind, sind, glaube ich, sehr froh und sehr dankbar, dass sie hier sein können, dass sie es hierher geschafft haben, dass sie auch den Mut hatten zu kommen. Man bekommt von der Kriegssituation im israelischen Kernland und in Jerusalem eigentlich nichts mit. Das heißt, man kann hier in Ruhe Ostern feiern. 

Das ist manchmal logistisch etwas schwieriger, weil die Muslime mitten im Fastenmonat Ramadan stehen. Gestern war der dritte Ramadan-Freitag, wo sich die muslimischen Pilger und die christlichen Pilger auf der Via Dolorosa begegnen.

Denn die ersten Stationen sind direkt am Eingang zum Haram al-Sharif, dem Tempelberg mit der al-Aqsa-Moschee und dem Felsendom, wo dann sehr viele muslimische Gläubige und christliche Gläubige zusammenkommen, die sich aber sehr freundlich begegnen. 

Da gibt es keine Probleme an sich. Das ist eher eine logistische Frage, wie man sich durch das Gedränge schiebt. Das ist eine Herausforderung für die israelischen Sicherheitskräfte, die Zugangswege offen und sicher zu halten. 

Matthias Vogt

"Sicherheitsvorkehrungen sind sichtbar, aber nicht übermächtig."  

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich diese Sicherheitsvorkehrungen vor Ort vorstellen? Der Benediktinerabt Nikodemus Schnabel wurde laut einem ZDF-Beitrag nicht zur Prozession durchgelassen. Wie schätzen Sie das ein? 

Vogt: Es sind viele Polizeikräfte in der Stadt. Die Polizei in Israel ist schwer bewaffnet mit Maschinengewehren und voller Montur und Helmen. Das sieht für uns sehr martialisch aus. Wenn man öfter hier im Land ist, ist man das ein bisschen gewohnt, weil das leider häufiger der Fall ist. Aber rund um die Altstadt ist trotzdem sehr viel Polizei im Einsatz, sichtbar und versucht, die Pilgermengen zu steuern. 

Einsatzkräfte der Polizei in der Altstadt von Jerusalem (Israel) an Karfreitag am 7. April 2023 / © Andrea Krogmann (KNA)
Einsatzkräfte der Polizei in der Altstadt von Jerusalem (Israel) an Karfreitag am 7. April 2023 / © Andrea Krogmann ( KNA )

Für die Muslime sind die Regelungen dieses Jahr so, dass nur Männer ab 55 Jahren und Frauen ab 50 Jahren an der al-Aqsa-Moschee zum Beten gehen dürfen neben kleinen Kindern unter zehn. Das heißt, viele kommen schon gar nicht. 

Bisher haben wir nicht mitbekommen, dass es zu irgendwelchen Auseinandersetzungen gekommen ist. Warum Abt Nikodemus nicht zugelassen ist, weiß ich nicht. Wir sind von einer anderen Richtung gekommen. Das kann durchaus sein, wenn er über einen anderen Zufahrtsweg gekommen ist, dass dort strengere Regeln oder andere Regeln geherrscht haben als bei unserem. Ja, so gibt es alles hier in Jerusalem. Sicherheitsvorkehrungen sind sichtbar, aber nicht übermächtig.   

Matthias Vogt

"Es war eine sehr bewegende Feier."

DOMRADIO.DE: Die Osternacht in der Grabeskirche hat sich ein bisschen verzögert. Wie war es da? 

Vogt: Die erste Nachricht ist In Jerusalem wird zu anderen Zeiten Ostern gefeiert. In der Grabeskirche ist schon morgens um 7:30 Uhr die Osternachtfeier am Samstag, also nicht am Ostersonntag. Ich darf  aus Jerusalem schon allen Hörerinnen und Hörern frohe Ostern wünschen mit dem Segen des Lateinischen Patriarchen. 

Wir hatten eine weit über dreistündige, sehr schöne Feier in der Grabeskirche rund um das Heilige Grab, den Ort der Auferstehung. Es waren einige 100 Menschen da. Im Vergleich zu normalen Jahren sehr wenig. 

Grabeskirche in Jerusalem (epd)
Grabeskirche in Jerusalem / ( epd )

Man konnte sich in der Kirche gut bewegen, stand nicht eng gedrängt in einer Menge. Man konnte auch den Lesungen und den Feierlichkeiten gut folgen. Es war eine sehr bewegende Feier. Wenn man mit der linken Hand an das Grab-Gebäude reichen kann, während man das Osterevangelium hört, ist das schon ein ganz besonderes Erlebnis. 

DOMRADIO.DE: Wie werden Sie die Ostertage jetzt noch vor Ort verbringen? 

Vogt: Wir werden morgen noch mal in die Ostersonntagsgottesdienste gehen. Wir hatten gehofft, dass wir am Ostermontag nach Emmaus wandern können. Das liegt in der Westbank, im Westjordanland. Das wird leider nicht möglich sein, weil die Sicherheitslage es nicht erlaubt. 

Diese traditionelle Wanderung ist leider abgesagt worden. In der Woche darauf werde ich dann für den Deutschen Verein vom Heiligen Lande verschiedene Projekte und Projektpartner besuchen, um das als Dienstreise zu verlängern. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Die Grabeskirche in Jerusalem und die Grabkapelle

Die Grabeskirche im christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt wurde ursprünglich 325 nach Christus unter Helena, der Mutter des römischen Kaisers Konstantin, erbaut. Sie soll sich der Überlieferung nach an der Stelle befinden, wo Christus nach seinem Tod am Kreuz beerdigt wurde und wieder auferstand. Damit ist sie das wichtigste Heiligtum der Christen. Traditionell feiern Gläubige dort das Osterereignis.

Blick auf das Kerzenmeer in der Grabeskirche / © Tsafrir Abayov (dpa)
Blick auf das Kerzenmeer in der Grabeskirche / © Tsafrir Abayov ( dpa )
Quelle:
DR