Dresdner Bischof Joachim Reinelt wird 70 Jahre alt

Keine Scheu vor klaren Worten

Er gilt als volksnah und bodenständig. Wie seine ostdeutschen Amtsbrüder verkörpert auch der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, den Typus des Seelsorgers statt den des Kirchenfürsten. Dabei scheut der gebürtige Schlesier nicht vor klaren Worten zurück, wenn er es für erforderlich hält.

 (DR)

Er gilt als volksnah und bodenständig. Wie seine ostdeutschen Amtsbrüder verkörpert auch der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, den Typus des Seelsorgers statt den des Kirchenfürsten. Dabei scheut der gebürtige Schlesier nicht vor klaren Worten zurück, wenn er es für erforderlich hält. Am Samstag wird Reinelt 70 Jahre alt.

Seine Offenheit und Unkompliziertheit in der Begegnung mit anderen Menschen ist gepaart mit einer Prise Eigensinn - einem Wesenszug, ohne den die Katholiken im Osten Deutschlands die beiden kirchenfeindlichen Systeme nicht überstanden hätten. So sollte der Sohn eines Postbeamten 1953 als 17-Jähriger wegen "Verbreitung von RIAS-Thesen" vom Gymnasium im sächsischen Radeberg verwiesen werden - und das, obwohl die Familie kein Radio hatte und den bei den Kommunisten verhassten West-Sender überhaupt nicht hören konnte. Auf einer Vollversammlung aller Schüler und Lehrer musste Reinelt sich verteidigen und las aus seinem inkriminierten Aufsatz vor. Das Verfahren wurde eingestellt, weil keiner der Anwesenden die angeblichen Propaganda-Sätze benennen konnte.

Als Reinelt nach dem Abitur Theologie studierte, erfuhr er im Priesterseminar nach eigenem Bekunden eine bis dahin nicht gekannte Atmosphäre der Freiheit. Von seinen akademischen Lehrern beeinflusste ihn vor allem der Neutestamentler Heinz Schürmann, eine der prägenden Gestalten in der katholischen Kirche der DDR.
Er war es auch, der den jungen Studenten noch vor dem Mauerbau in West-Berlin in Kontakt mit der aus Italien stammenden Fokolar-Bewegung brachte. Dieser neuen geistlichen Gemeinschaft ist Reinelt seither in besonderer Weise verbunden.

Nach seiner Priesterweihe 1961 war Reinelt Kaplan in Gera, Freiberg, Ebersbach und Dresden und seit 1974 Pfarrer in Altenberg. 1986 wurde er Caritasdirektor des Bistums, zwei Jahre später ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof. Reinelts bischöflicher Leitspruch "Jesus in medio" lehnt sich an das Wort Jesu "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" an. Darin kommt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass sich Kirche nicht nur im Gotteshaus ereignet, sondern mitten in der Welt möglich ist.

1988 waren allerdings die damit verbundenen Perspektiven noch kaum zu erahnen, die sich wenig später nach dem Ende des SED-Regimes eröffneten. Reinelt nutzte die neuen Chancen, die sich der Kirche boten. Er veranstaltete Bildungstage für die neuen Politiker, gründete Schulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie zahlreiche neue Caritasdienste. Zudem rief er die Kirchengemeinden auf, sich für Außenstehende zu öffnen.

In der Deutschen Bischofskonferenz ist Reinelt Vorsitzender der wichtigen Kommission für caritative Fragen und stellvertretender Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen. Breit ist das Spektrum der Themen, zu denen er auch in der Öffentlichkeit pointiert Stellung bezieht. So mahnte er CDU und CSU zur Rücksicht auf den sozialen Auftrag des "C" im Parteinamen. Anlässlich des Streits um die Mohammed-Karikaturen rief er zum behutsamen Umgang mit der Pressefreiheit auf. Im aktuellen Streit um das Dresdner Brückenbauprojekt ergriff Reinelt Partei für die UNESCO-Kritiker und warf der Weltkultur-Organisation vor, den Volksentscheid der Dresdner zu ignorieren.
(KNA)