Dresdens neuen Bischof erwartet ein geschichtsträchtiges Bistum

Selbstbewusste Minderheit

Einfach wird es für Dresdens künftigen Bischof Heinrich Timmerevers nicht. Die rechtsextremistischen Umtriebe in Sachsen fordern auch die Kirchen heraus. Zugleich erwartet ihn jedoch eine selbstbewusste Diaspora-Diözese.

Neue Herausforderung für den künftigen Bischof für das Bistum Dresden-Meißen / ©  Johannes Hörnemann (dpa)
Neue Herausforderung für den künftigen Bischof für das Bistum Dresden-Meißen / © Johannes Hörnemann ( dpa )

Die guten Erfahrungen mit Heiner Koch haben wohl eine wichtige Rolle gespielt: Gut sieben Monate nach dessen Wechsel auf den Stuhl des Berliner Erzbischofs wählte das Dresdner Domkapitel zu dessen Nachfolger erneut einen "Wessi". Wie der Rheinländer Koch kommt auch Heinrich Timmerevers aus einem katholisch geprägten Umfeld. Nun erwartet ihn eine Region, in der Christen seit Jahrzehnten in der Minderheit sind.

Rund 80 Prozent der Gesamtbevölkerung auf dem Gebiet des Bistums Dresden-Meißen sind konfessionslos, lediglich 3,5 Prozent katholisch. Insgesamt zählt das kleine Diaspora-Bistum etwa 141.000 Katholiken in Sachsen und im Osten Thüringens. Nur die 40.000 Sorben in der Oberlausitz, eine slawischsprachige Volksgruppe mit reicher religiöser Tradition, leben in einem geschlossen katholischen Siedlungsgebiet.

Eine traditionsreiche Geschichte

In seinen heutigen Grenzen ist das Bistum zwar noch keine 100 Jahre alt, seine Wurzeln reichen jedoch bis ins 10. Jahrhundert zurück. Die frühere Diözese ging allerdings im Zuge der Reformation unter. Von großer Bedeutung war gut 150 Jahre später der Wechsel des sächsischen Kurfürsten August des Starken zum katholischen Glauben, um die polnische Königskrone erlangen zu können. Zwar blieb Sachsen weitgehend protestantisch, doch in seinem Hofstaat waren nun beide Konfessionen vertreten.

Augusts Konversion leitete einen vor allem kulturellen Wiederaufschwung des Katholizismus ein. So ließ sein Sohn August III. die Hofkirche errichten, die Hofkapellknaben wurden um einen katholischen Zweig ergänzt. Heute gelten die Kapellknaben als wichtiger katholischer Beitrag zum internationalen Renommee Dresdens. Und die Hofkirche avancierte zu einem Wahrzeichen des "Elbflorenz", als markanter Punkt in Dresdens weltbekannter Altstadt-Silhouette.

Das Bistum Dresden-Meißen wird geboren

1921 erhob Papst Benedikt XV. die damalige Apostolische Präfektur Meißen zum neuen Bistum Meißen mit Bischofssitz in Bautzen. Wegen seiner Bereitschaft zu offener Kritik legendär wurde der aus Westfalen stammende Bischof Petrus Legge. Er bestieg 1932 den Bischofsstuhl und führte das Bistum bis zu seinem Tod 1951 durch Nazizeit, Krieg und Sowjetbesatzung. Ein herausragender Glaubenszeuge in der NS-Zeit war auch der sorbische Kaplan Alojs Andritzki (1914-1943), der von den Nazis im Januar 1941 wegen «heimtückischer Angriffe auf Staat und Partei» verhaftet wurde, weil er deren Ideologie und Vorgehen kritisiert hatte. Er starb zwei Jahre später im Konzentrationslager Dachau. 2011 wurde er in Dresden seliggesprochen.

Zunächst ab 1955 als Administrator und ab 1958 als Bischof lenkte Otto Spülbeck die Geschicke des Bistums. Er machte sich einen Namen als Kritiker des SED-Regimes und Fürsprecher eines wiedervereinigten Deutschlands. Einen neuen Namen und Hauptsitz bekam die Diözese unter Bischof Gerhard Schaffran. Hartnäckig bemühte dieser sich um die Verlegung des Bischofssitzes von Bautzen nach Dresden. 1979 hatte er sein Ziel erreicht, das Bistum trägt seither den Doppelnamen Dresden-Meißen. Große Beachtung fand 1987 auch das erste und einzige DDR-weite Katholikentreffen in Dresden, zu dem 100.000 Gläubige zusammenkamen, mehr als zehn Prozent aller Katholiken.

Das Bistum und der Rechtsextremismus

Das neue Selbstbewusstsein dürfte auch dazu beigetragen haben, dass sich im Wendejahr 1989 in Sachsen stärker als anderswo auch katholische Christen in der Bürgerbewegung engagierten. Heute macht der Freistaat jedoch als Hochburg rechtsextremistischer Umtriebe von sich reden. Zusammen mit dem evangelischen Landesbischof Carsten Rentzing ist Timmerevers bei diesem Problem besonders herausgefordert.

Das Ende der DDR hatte den Weg frei gemacht für zuvor unmögliche Formen des öffentlichen Wirkens etwa an sechs neu gegründeten katholischen Schulen. In seiner 24-jährigen Amtszeit bis 2012 nutzte Bischof Joachim Reinelt die neuen Chancen, anschließend führte sein Nachfolger Heiner Koch den eingeschlagenen Kurs fort. Dazu gehörte die Errichtung der Leipziger Propsteikirche als größtes kirchliches Neubauprojekt in Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung. Auch das nächste Highlight des Bistums findet in Leipzig statt: Es ist der 100. Deutsche Katholikentag vom 25. bis 29. Mai.

 


Quelle:
KNA