Dresdens Gedenken an Kriegsopfer bleibt konfliktträchtig

Umstrittene Erinnerung

Wegen fremdenfeindlicher Umtriebe steht es um Dresdens Ruf nicht zum Besten. Beim Gedenken an die Bombardierung vom 13. Februar 1945 werden unversöhnliche Standpunkte in der Elbestadt besonders deutlich.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Das zerstörte Zentrum von Dresden (dpa)
Das zerstörte Zentrum von Dresden / ( dpa )

Alljährlich gedenkt Dresden seiner Bombardierung am 13. Februar 1945. Bei den Luftangriffen starben damals und in den folgenden Tagen schätzungsweise 25.000 Menschen. Um die Erinnerung an sie wurde in der sächsischen Landeshauptstadt immer wieder gerungen.

Seit den 1990er Jahren benutzten Rechtsextremisten den Tag in wachsendem Maß für ihre Propaganda und die Stilisierung eines "Opfermythos". Dagegen gerichtete Initiativen brauchten lange, um auf deren Aufmärsche durch die Dresdner Innenstadt an diesem Tag entsprechend zu reagieren.

"Dresden war keine unschuldige Stadt"

Allmählich hatte sich die Auseinandersetzung um ein angemessenes Gedenken beruhigt. Doch in diesem Jahr hat sich nicht zuletzt durch Pegida und AfD der Konflikt wieder verschärft. Als Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) zur Teilnahme an der alljährlichen Menschenkette anlässlich des Opfergedenkens aufrief, erhielt er neben Beschimpfungen auch Morddrohungen, die sich gegen ihn und seine Familie richteten. Der Staatsschutz ermittelt, seine Privatwohnung wird rund die Uhr bewacht. Auslöser war eine Äußerung Hilberts zur Rolle Dresdens im Dritten Reich: "Dresden war keine unschuldige Stadt." Er erinnerte indes nur an eine historische Tatsache: Im barocken Elbflorenz gab es auch Rüstungsbetriebe und weitere militärische Anlagen.

Seit Jahren gedenkt Dresden nicht nur seiner Bombardierung, sondern auch der Opfer aktueller internationaler Konflikte. Dazu stellte der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni, dessen Großeltern die Dresdner Luftangriffe von 1945 überlebten, am vergangenen Dienstag drei hochkant aufgestellte Buswracks vor der Frauenkirche auf. Das Kunstprojekt "Monument" ist inspiriert von einer Busblockade, die vor zwei Jahren während Angriffen auf Aleppo errichtet wurde, um Zivilisten gegen Scharfschützen abzuschirmen.

Unterschiedliches Gedenken

Lautstark protestierten mehrere Dutzend Menschen bei der Eröffnung des zeitweiligen Mahnmals dagegen und skandierten: "Volksverräter" und "Schande, Schande". Zwar waren die Befürworter der Skulptur in der Mehrheit, doch die Aggressivität der Gegner schaffte es in die bundesweiten Nachrichten. Überdies ist seit Freitag als weiterer Beitrag zum Gedenken vor der Semperoper die Installation "Lampedusa 361" zu sehen. Sie zeigt 90 großformatige Fotos von Gräbern, in denen im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge ruhen.

Der neue Geschäftsführer der Stiftung Dresdner Frauenkirche, Frank Richter, mahnte: "Ich wünsche mir sehr, dass sich die Dresdnerinnen und Dresdner und alle Gäste der Stadt in den verschiedenen Formen des Gedenkens gegenseitig respektieren." Sie sollten denen, "die das Datum für extremistische und revanchistische Demonstrationen missbrauchen wollen, geschlossen, friedlich und gewaltfrei entgegentreten". Weil sich die politischen Auseinandersetzungen in Dresden oftmals stärker polarisierten als anderswo, könnten die toleranten und demokratisch gesinnten Bürger auch deutlicher als anderswo ein Zeichen des Frieden und der Versöhnung setzen.

Zahlreiche Gottesdienste als Zeichen des Gedenkens

Richter erinnerte daran, dass das Gedenken besonderes für die Überlebenden des Bombenangriffs und deren Angehörige mit sehr persönlichen, zum Teil traumatischen Erinnerungen und starken Emotionen verbunden sei. "Das Gedenken sollte dem gerecht werden und den Wunsch vieler nach Stille und Innerlichkeit respektieren", so Richter. Diesem Wunsch wollen die Kirchen entsprechen, die an diesem Tag zahlreiche Gottesdiensten anbieten.

Am 13. Februar haben sich in Dresden überdies besondere Gedenkrituale etabliert: Außer der Menschenkette am frühen Abend durch die Innenstadt gehört dazu auch eine "Nacht der Stille", mit der um 22.00 Uhr das Gedenken in der Frauenkirche ausklingt. Vor 20 Jahren fand es zum ersten Mal statt - damals noch mitten in der Baustelle des im Wiederaufbau befindlichen Gotteshauses. Dessen weltbekannte Ruine war Jahrzehnte lang selbst ein Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung.


Quelle:
KNA