Dokumentarfilm über den "Alptraum Atommüll"

200.000 Jahre sicher lagern

Seit über 60 Jahren produziert der Mensch radioaktive Abfälle. Allein in den bestehenden Atomkraftwerken entstehen jährlich schätzungsweise 8.300 Tonnen hochradioaktive und nicht mehr brauchbare Substanzen, die lebensgefährlich sind. Bis heute gibt es auf der ganzen Welt kein Endlager. Arte nimmt sich heute dem brisanten Thema an.

Autor/in:
Monika Herrrmann-Schiel
 (DR)

Seit die Gefahr des Klimawandels durch den wachsenden CO2-Ausstoß in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt ist, preist die Atomindustrie ihre Kraftwerke als umweltfreundlich an. Über die Frage der Endlagerung spricht sie weniger gern. Dieses brisante Thema greift der französische Filmemacher Eric Gueret in seiner Dokumentation "Alptraum Atommüll" auf, die Arte am 13. Dienstag um 21.00 Uhr zeigt.

Gueret besuchte atomar verseuchte Orte und sprach mit Experten in Frankreich, England, den USA und Russland. Seine Recherchen in einem Reich voller Verharmlosungen, Verschleierungen und Verstrahlungen waren nicht ungefährlich. Das Team reiste in Begleitung von Fachleuten nach Hanford Site (USA), in die Region um die Atomanlage Majak in Russland und nach Le Hague in Frankreich. Viel zu oft schlugen die Messgeräte der Filmer an.

Erschreckende Tatsachen
Am stärksten unter einer Brücke über die Tescha. In diesen Fluss sind verseuchte Stoffe aus der Anlage von Majak und dem hoch kontaminierten Karatschai-See geflossen. Ein begleitender Ingenieur maß mit seinem Radiometer eine schockierende Strahlenbelastung - so stark, dass er das Team zu Eile antrieb, den Ort zu verlassen. An dieser Stelle bestand akute Gesundheitsgefahr. Die Region um Majak gehört zu den am stärksten verseuchten der Erde. Am 29. September 1957 explodierte hier ein schlecht gewarteter Tank mit abgebrannten Brennstäben. Eine große Menge an radioaktiven Stoffen verbreitete sich. Dieser Vorfall wurde jedoch weltweit über Jahrzehnte geheim gehalten, obwohl die CIA von dem Unfall wusste. Eine Debatte war nicht erwünscht, zeigte die Katastrophe doch, dass atomarer Abfall nicht nur strahlend, sondern auch explosiv ist.

Gueret informiert in seinem Film über viele erschreckende Tatsachen. Wer weiß schon, dass radioaktiver Müll Jahrzehnte lang einfach in Fässer gepackt und in den Ozeanen versenkt wurde. Diese Praxis ist mittlerweile verboten, aber über eine Rohrleitung gelangen noch immer radioaktive Abfälle aus der Wiederaufbereitungsanlage Le Hague ins Meer. In einigen Staaten lagern die Kernkraftwerke ihre Abfälle in Wasserbecken neben den Anlagen. In Zeiten terroristischer Bedrohung ist dies nicht gerade beruhigend.

Guerets akribisch zusammengetragene Recherchen verstören - zumal für das Problem keine Lösung in Sicht ist. Um das Leben auf der Erde nicht zu gefährden, müssen die hochradioaktiven Abfälle 200.000 Jahre sicher gelagert werden. Man ist seltsam berührt, wenn Bernard Bigot, der französische Kommissar für Atomenergie, in diesem Zusammenhang von Vertrauen in die Zukunft spricht. Der Astrophysiker Hubert Reeves gibt zu bedenken: "Stellen Sie sich vor die Ägypter hätten Atommüll gelagert. Wer würde sich heute darum kümmern?" Das macht nachdenklich - schließlich ist die Herrschaft der Pharaonen gerade mal 4.000 Jahre her.