Der letzte Abschied von geliebten Menschen ist meist ein hochemotionaler Prozess - die gesetzlichen Regeln für Bestattungen sollen in Rheinland-Pfalz umfassend liberalisiert werden.
Die CDU warnt die Ampel-Regierung des Landes davor, die angestrebte Reform "durchzupeitschen". Es gebe derzeit "keine Not, das Bestattungsgesetz vor der Landtagswahl" zu beschließen, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christoph Gensch. Nach der Sommerpause beginnt die heiße Wahlkampfphase.
Soll das modernste Bestattungsrecht in Deutschland werden
Laut Landesregierung soll das neue Bestattungsrecht das modernste in Deutschland werden. Würde und Pietät stünden vor Schnelligkeit der Reform des Bestattungsrechts, betont die CDU. "Nicht in jedem Bereich brauchen wir das 'modernste'", entgegnete Gensch. Mit einer Abschaffung der Friedhofspflicht würde die Landesregierung mittelfristig die Friedhöfe abschaffen. Der Gesetzesentwurf sei insgesamt nicht der allergrößte Wurf, wie der "große Aufschrei fast aller betroffenen Verbände und Institutionen, nicht zuletzt der Kirchen" zeige.
Das Bestattungsgesetz sei ein sensibles Gesetz, das die letzte Ruhestätte eines Menschen betreffe. "Es berührt einen zentralen Bereich unseres Lebens, einen sehr empfindlichen, oft schmerzhaften Bereich", begründete Gensch seine Kritik am Vorgehen der Ampel.
Bereits im ersten Halbjahr 2025 hat es Kritik am Vorhaben gegeben. Der Landtag hatte sich im Mai erstmals mit dem Vorhaben befasst.
Mit den geplanten Regeln soll es unter anderem möglich sein, Flussbestattungen in Rhein und Mosel anzubieten - und aus der Asche eines Verstorbenen Schmuckstücke zu machen. In einer ersten Experten-Anhörung im Landtagsausschuss gab es vor den Sommerferien Kritik am Vorhaben. Auch danach ebbte diese nicht ab.
Kritik aus den Bistümern Trier und Mainz
Mitte Juni äußerten sich Experten des Bistums Trier skeptisch über die politische Eile. Die Reform ein Jahr zu verschieben, könne Zeit geben, um noch einmal unterschiedliche gesellschaftliche Positionen abzuwägen, sagte der Bistumsreferent Stefan Nober der katholischen Wochenzeitung "Paulinus". Inhaltlich gebe es durchaus Verbesserungen.
So begrüßte er Änderungen für Sternenkinder - also von Kindern, die vor, während oder unmittelbar nach der Geburt gestorben sind.
Ähnlich klingt es aus dem Bistum Mainz. Die bisherigen Fristen des Gesetzgebungsverfahrens ließen eine "breite, öffentliche Meinungsbildung nicht wirklich zu", teilte Bevollmächtigte des Mainzer Generalvikars, Stephanie Rieth, mit. "Die langfristige Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen an einem solchen Wandel wäre eine wichtige Voraussetzung für eine möglichst große Akzeptanz eines solchen Gesetztes."
Grundsätzlich sei das Bemühen um ein zeitgemäßes Bestattungsgesetz begrüßenswert. Das neue Bestattungsgesetz sei "ein Antwortversuch auf geänderte Bedürfnisse der Menschen; allerdings bleiben Anfragen an diverse Bestattungsformen bestehen." Rieth warnte davor, den Friedhof als öffentlich zugänglichen Trauerort zu schwächen. Auch könnten ärmere Menschen sich gezwungen sehen, aus Kostengründen anonyme Formen der Bestattung zu wählen.
"Mehr Zeit würde helfen, um die zahlreichen noch offenen Fragen zu klären und so den Gesetzestext präzisieren", erklärte auch die Pressestelle des Bistums Speyer auf Anfrage mit Verweis auf eine katholische Arbeitsgruppe, die sich mit dem Vorhaben befasst. "Im neuen Bestattungsgesetz erhalten die sich verändernden und zum Teil erschwerten Trauermöglichkeiten kaum Beachtung."
Das gemeinsame Gedenken verliere durch die Reform an Bedeutung, da Personen nach dem Tod einfach "verschwinden" könnten. Zudem sei die Totenruhe nicht mehr nachvollziehbar gesichert. Auf Zustimmung trifft die Erweiterung der Bestattung von Sternenkindern oder die Beisetzung in anderen Ortsgemeinden, wenn dort Angehörige wohnen.
Der Beauftragte der evangelischen Kirchen, Kirchenrat Wolfgang Schumacher, bezeichnete auf Anfrage die Reform des Gesetzes als notwendig und verwies auf Neuregelungen zu Ehrengräbern, Sternenkindern und Tuchbestattungen. "Unser Hauptkritikpunkt besteht in der Absicht des Gesetzentwurfs, zentrale Teile der Friedhofs- und Bestattungspflicht aufzuheben."
Bisheriges Bestattungsrecht gilt seit 42 Jahren
Alle neuen Bestattungsformen hätten immanent die Problematik, dass es dann keinen öffentlich zugänglichen Ort für Trauer und Gedenken mehr gäbe. "Der Entwurf verabschiedet sich von der Totenfürsorge als Gemeinschaftsaufgabe", bilanzierte Schumacher.
Der zuständige Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) beschrieb im Mai im Landtag das Ziel der Reform. Es gelte, "die Würde der verstorbenen Person und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit mit dem Willen der Verstorbenen zu vereinen." Kern der Novelle seien deshalb zusätzliche, neue Bestattungsformen. Es bleibe jedoch beim Regelfall, dass der Friedhof gemeinsamer Ort der Trauer sein könne.
Das bisherige Bestattungsrecht gilt laut Hoch seit 42 Jahren. Der Entwurf der Regierung wurde bereits nachgebessert. Zunächst sollte die Asche in Flüssen verstreut werden - nun ist die Rede von Bestattungskapseln. Auch der ursprüngliche Zeitplan konnte nicht gehalten werden. Die verfolgte Reform fällt nun nach der Sommerpause in die Wahlkampfzeit, denn im März finden Neuwahlen statt.
Umfragen deuten seit geraumer Zeit auf einen möglichen Regierungswechsel hin. Die oppositionelle CDU liegt dabei vor der SPD, AfD und Grünen. Während die Regierungspartei FDP um den Wiedereinzug ins Parlament kämpfen muss.