Die Ausbildungsgänge für liberale und die für konservative Rabbinerinnen und Rabbiner in Potsdam sollen reformiert werden. Doch wie könnte eine neue Struktur aussehen? Und wer sind die "Player"? Darüber wird in der jüdischen Gemeinschaft seit Monaten gerungen. Hintergrund sind Vorwürfe gegen Rabbiner Walter Homolka.
Ihm wird Machtmissbrauch und weiteres Fehlverhalten angelastet, was er aber bestreitet. Er geht gerichtlich gegen die Vorwürfe vor. Homolka war Gründer und Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs, von dessen Spitze er sich im Dezember zurückzog.
Alle Beteiligten wollen Ausbildungsstandort erhalten
Das Abraham-Geiger-Kolleg ist das erste Rabbinerseminar in Zentraleuropa nach der Schoah. Absolventinnen und Absolventen der liberalen Strömung arbeiten auch in Gemeinden im Ausland. Ebenfalls in Potsdam ist das Zacharias-Frankel-College für die konservative Ausbildung zuständig.
Inmitten von Debatten und juristischen Auseinandersetzungen dringen alle Beteiligten darauf, den Ausbildungsstandort zu erhalten. Seit Donnerstag (02.03.) liegt ein neuer Vorschlag vor, den der Jurist Gerhard Robbers im Auftrag des Zentralrats der Juden in Deutschland verfasst hat. Dieser ist mit dem Bundesinnenministerium und dem Brandenburger Forschungsministerium Zuwendungsgeber. Robbers skizziert auf 20 Seiten "Eckpunkte" für eine Trägerschaft durch eine Stiftung.
"Wir haben nun einen klaren Fahrplan", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. Ein Neuanfang sei notwendig. Der Zentralrat werde "eine trag- und förderfähige Struktur" schaffen.
Abhängigkeit von Einzelpersonen vermeiden
Dem Papier zufolge könnte eine religionsgemeinschaftliche Stiftung Trägerin der liberalen und der konservativ ausgerichteten Ausbildung sein, Stifter der Zentralrat. Ziel sei, eine Abhängigkeit von Einzelpersonen zu vermeiden und für Transparenz zu sorgen - Aspekte, die aus Sicht von Kritikern bislang oftmals fehlten. Zudem sollten auch international Qualität und Reputation gewahrt werden, heißt es.
Ein Stiftungsrat solle für "grundsätzliche Entscheidungen" zuständig sein. Und: In ihm könnten Institutionen für eine "erforderliche breite Aufstellung innerhalb der Jüdischen Gemeinschaft" vertreten sein. Mit dem Rat solle eine ausschließliche Abhängigkeit vom Stiftungsvorstand verhindert werden.
Für die Besetzung des Rates werden Vertreter verschiedener Institutionen vorgeschlagen, nämlich Präsident und Geschäftsführer des Zentralrats sowie Repräsentanten der Universität Potsdam, der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland und der konservativen Masorti-Bewegung.
Kontinuität wird angestrebt
Empfohlen wird außerdem ein Beirat mit Informationsrechten und Beratungsaufgaben, den Zuschussgeber bilden sollen. Eine Ombudsstelle könne möglichen Beschwerden nachgehen und Gespräche über etwaiges Fehlverhalten anbieten, hieß es.
In dem Papier geht es auch darum, ob die beiden bestehenden Ausbildungsstätten in die vorgeschlagene Struktur übernommen werden. Sie könnten "gegebenenfalls" eingebracht werden, heißt es. "Dies hätte Vorteile im Blick auf Kontinuität besonders für die Studierenden und der Nutzung bestehender Bekanntheit." Anstellungsverträge müssten überprüft werden.
Es könne jedoch auch zu Neugründungen kommen, sofern die bestehenden Einrichtungen nicht in eine neue Struktur eingebracht werden könnten oder sich dies als "inopportun" erweisen sollte. Bestehende Aufgaben, Personal und Studierende könnten übernommen werden, heißt es.
Im Januar hatte die Jüdische Gemeinde zu Berlin bekanntgegeben, dass sie die Trägerschaft beider Ausbildungsstätten übernimmt. Sie haben die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH und sind An-Institute der Universität Potsdam.
Finanzierungsfrage offen
Die Übernahme hatte der Zentralrat kritisiert. Schuster sagte am Donnerstag (02.03.), dass der Schritt "in bester Absicht" geschehen sei. "Die Förderung der Rabbinerausbildung in der vorliegenden Trägerstruktur ist für den Zentralrat jedoch nicht möglich. Auch dies macht die Neugründung notwendig, um den Bedarf an religiösem Personal aller Jüdischen Gemeinden in Deutschland dauerhaft gewährleisten zu können."
Nun muss sich zeigen, wie die Gemeinde reagiert - und auch, wie sich die anderen Zuwendungsgeber positionieren. Denn die Unterhaltung zweier Rabbinerschulen kostet Geld. Das Stiftungskapital von mindestens 100.000 Euro soll nach dem jetzigen Vorschlag vom Zentralrat kommen. Dass das nicht reicht, schreibt auch Robbers: "Es sind Zuschüsse von dritter Seite erforderlich."