Diskussion um Schweizer Minarett-Verbot

"Polarisierungen, die sicher nicht hilfreich sind"

Die Diskussion über das Votum der Schweizer für ein Bauverbot von Minaretten hält an. Erzbischof Hans-Josef Becker warnt davor, Christentum und Islam gegeneinander auszuspielen. Sein Amtskollege Ludwig Schick fordert die in Deutschland lebenden Türken auf, in ihrem Herkunftsland für Religionsfreiheit einzutreten.

 (DR)

Der Bamberger katholische Erzbischof Ludwig Schick hat die in Deutschland lebenden Türken aufgefordert, in ihrem Herkunftsland für Religionsfreiheit einzutreten. "Wenn alle Türken hierzulande sagen würden, wir wünschen, dass die Regierung in Ankara den christlichen Kirchen in der Türkei einen öffentlich-rechtlichen Status zuerkennt und erlaubt, Kirchen zu bauen, wäre das ein großes Zeichen", sagte Schick dem CSU-Parteiblatt "Bayernkurier". Die türkische Regierung müsste dies ernst nehmen. Außerdem würde es "sicherlich auch die Akzeptanz der muslimischen Bevölkerung in Deutschland, in der Schweiz und in anderen Ländern fördern".

Religionsfreiheit sei für alle Menschen in allen Ländern ein hohes Gut, unterstrich Schick. Muslimische Bürger sollten in Deutschland Moscheen bauen dürfen, sie sollten sich aber zugleich für den Bau von Kirchen in muslimisch geprägten Ländern einsetzen. "Das tun sie nicht oder zu wenig", bemängelte der Erzbischof. Dies mache die christliche Bevölkerung unsicher. Schick riet den Muslimen außerdem, bei ihren Bauvorhaben "Dominanzversuchungen zu widerstehen". Gefragt sei Rücksicht auf die gewachsene Baukultur. Nach dem Koran gehöre bei einer Moschee das Minarett "nicht unbedingt dazu".

Schick bezeichnete den interreligiösen Dialog als eine "lange und mühevolle Aufgabe", die auf allen Ebenen intensiviert werden müsse. Es gebe erfolgreiche Beispiele in der Geschichte. So hätten in Spanien in der Zeit der Mauren Christen, Juden und Muslime in einem guten Dialog eine wertvolle Kultur hervorgebracht.

Erzbischof Becker
Bei einem Verbot von Minaretten, wie es in der Schweiz durch ein Referendum gefordert wurde, kämen Ängste deutlich zum Vorschein, sagte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen".

Er habe jedoch Zweifel, ob es mit einem Verbot von Minaretten getan sei. "Wenn man Kirchtürme gegen Minarette ausspielen will, sind das Polarisierungen, die sicher nicht hilfreich sind", betonte Becker.

Kardinalstaatssekretär kritisiert Minarett-Verbot

Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone hat die Entscheidung der Schweiz gegen Minarette kritisiert. Das Referendum für ein Bauverbot entspringe der Angst, sagte der zweitwichtigste Mann in der katholischen Kirchenleitung laut der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Freitag). "Abstimmungsentscheidungen müssen aus einer Perspektive, einem positiven Ziel entstehen", so Bertone. Der Kardinal äußerte sich bei Dreharbeiten des arabischen TV-Senders "El Dschasira" im Vatikan.

Bei der Volksabstimmung am 29. November hatten sich rund 58 Prozent der Schweizer für ein Bauverbot von Minaretten ausgesprochen. Vor dem Referendum hatte bereits der Präsident des Päpstlichen Migrantenrates, Erzbischof Antonio Maria Veglio, einen generellen