Diskussion um Frieden nach der Bombe von Bogota

Eine Bombe, die alles verändert

Nach dem Terroranschlag der ELN-Guerilla am vergangenen Donnerstag haben es in Kolumbien die Stimmen des Friedens schwer. Trotzdem wollen die Befürworter weiter für eine Verhandlungslösung des jahrzehntelangen Konfliktes werben.

Autor/in:
Tobias Käufer
Bombenanschlag auf Polizeischule in Kolumbien / © John Wilson Vizcaino (dpa)
Bombenanschlag auf Polizeischule in Kolumbien / © John Wilson Vizcaino ( dpa )

Lange hat sich die marxistische Guerillaorganisation ELN Zeit gelassen, um nach dem verheerenden Bombenanschlag von Bogota Farbe zu bekennen. Gut drei Tage nach der schweren Autobombenexplosion in der Polizeischule General Santander in der kolumbianischen Hauptstadt übernahm die ELN-Führung die Verantwortung für das schreckliche Attentat, bei dem am Donnerstag voriger Woche 21 Menschen getötet und 80 Personen verletzt worden.

In einer auf der ELN-Internetseite veröffentlichten Erklärung, aus der kolumbianische Medien am Montagmorgen zitierten, hieß es, der Anschlag sei eine Reaktion auf das repressive Vorgehen der Armee.

Ist der Krieg zurück?

Damit liegen die Karten auf dem Tisch: Das Ejercito de Liberacion Nacional (ELN, Nationale Befreiungsarmee) hat den Guerillakrieg zurück in die Stadt getragen. Und das ELN hat zugeschlagen, wo eigentlich aufwendige Sicherheitsvorkehrungen genau ein solches Szenario verhindern sollen. Nichts wird in Kolumbien besser bewacht als militärische und polizeiliche Einrichtungen. Deswegen ist dieser Anschlag auch eine deutliche Warnung an die konservative Regierung von Präsident Ivan Duque Marquez. Das ELN kann jederzeit an jedem Ort zuschlagen. Und das mit verheerenden Konsequenzen.

Zugleich riskiert die ELN-Guerilla damit aber auch den Abbruch der Gespräche. Die kolumbianischen Wähler erwarten von ihrem Präsidenten ein hartes Vorgehen gegen Terroristen, aber eben auch Besonnenheit.

ELN will weiter verhandeln

Eine Mehrheit der Kolumbianer will trotz der Bombe von Bogota an den Friedensverhandlungen festhalten, ergab eine Blitzumfrage. Das ELN schiebt dem Staats- und Regierungschef den schwarzen Peter zu. Duque sei nicht auf eine "Geste des Friedens" eingegangen und habe während des einseitig vom ELN verkündeten Waffenstillstands an Weihnachten Militäraktionen durchgeführt, so die Rebellen. Dabei sei auch eine Campesino-Familie betroffen gewesen.

Andererseits signalisiert die Guerilla weiterhin Bereitschaft zu Verhandlungen. Den Gesprächsfaden ganz abreißen lassen will sie offenbar nicht. Präsident Duque hatte als Reaktion auf den Anschlag die ohnehin ins Stocken geratenen Friedensgespräche abgebrochen. Zudem hatte er Kuba, das Gastgeberland der Verhandlungen, aufgefordert, die ELN-Kommandanten auszuliefern. Kuba lehnt dies jedoch mit Verweis auf das von beiden Seiten unterzeichnete Protokoll ab.

Kirche verurteilt Attentat

Ratlos zurück lässt das Attentat auch die katholische Kirche, die sich so sehr für die Friedensgespräche eingesetzt hat. Papst Franziskus verurteilte den Anschlag als "unmenschliche Tat". Der Papst bete für alle Opfer und Verletzten sowie für deren Angehörige und die ganze kolumbianische Gesellschaft, heißt es in dem Kondolenzschreiben, das von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnet ist. Auch der Kolumbianischen Bischofskonferenz (CEC) blieb erst einmal nichts anderes übrig, als das Attentat zu verurteilen: "Wir lehnen jede Form von Terrorismus und Gewalt ab. Wir trauern und bemühen uns weiter um Frieden durch Dialog, Versöhnung und soziale Gerechtigkeit", sagte der CEC-Vorsitzende Erzbischof Oscar Urbina Ortega.

"Mit Gewalt und terroristischen Aktionen wird nichts erreicht", betonte auch der CEC-Generalsekretär Elkin Alvarez Botero und rief zum Gebet für die Opfer auf. Er bat alle Kolumbianer, "sich mit der nationalen Polizei und dem ganzen Land solidarisch zu erklären". Die Kirche rufe dazu auf, sich in einem gemeinsamen Friedensprojekt zusammenzuschließen und den Terrorismus zu bekämpfen. Gewalt sei keine Lösung, so Alvarez, Weihbischof im Erzbistum Medellin. Die Lösung, sind Vertreter der unter der Gewalt besonders leidenden afrokolumbianischen und indigenen Bevölkerung überzeugt, kann nur die Fortsetzung der Gespräche sein. Dazu müsste es aber auf beiden Seiten Gesten des guten Willens geben.

EU fordert Freilassung Gefangener

Ehemalige Guerilleros bringen einen unilateralen Waffenstillstand des ELN ins Gespräch. Die EU hat derweil die Freilassung der von der kolumbianischen Guerillaorganisation ELN gekidnappten Menschen gefordert. Auch das wäre ein Signal.

Nach Schätzungen der Behörden verfügt das ELN über eine Truppenstärke von 2.500 Männern und Frauen. Es ist überwiegend im Osten Kolumbiens aktiv. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gehen fast 7.000 Morde, ebenso viele Entführungen, 3.000 Fälle von Landvertreibung und etwa 1.000 Zwangsrekrutierungen auf das Konto der marxistischen Gruppe. Das ELN wird zudem für schwere Umweltzerstörungen durch mehr als 1.300 Anschläge auf Öl-Pipelines verantwortlich gemacht.


Quelle:
KNA