Diskussion um Burka-Verbot in Frankreich

Unter dem Schleier

Der Streit um die Burka in Frankreich dauert schon Jahre. 2008 sorgte ein Fall für Aufsehen, bei dem einer Burka-Trägerin die Einbürgerung verweigert wurde. Ob der Vollschleier künftig per Gesetz untersagt wird, darüber muss wohl bald das Parlament befinden.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Links der Mann im smarten Business-Anzug, auf Hochglanz polierte Lederschuhe, die Beine übereinandergeschlagen, dunkle Socken, die bis zum Hosenbein reichen und keinen Blick auf unverhüllte Waden freigeben. Rechts die Frau im bodenlangen, dunkelbraunen Gewand, die Hände in dunklen Handschuhen und den Kopf hinter Schleiern verborgen, die gerade die Augen zum Vorschein kommen lassen. Der Fraktionsvorsitzende der Regierungspartei UMP, Jean-Francois Cope, stritt jüngst auf einem Fernsehpodium mit der Burka-Trägerin Dalila über das von ihm geforderte Verbot des islamischen Kleidungsstücks. Ob die Burka in Frankreich künftig per Gesetz untersagt wird, darüber muss wohl bald das Parlament befinden.

Etwa zwei Drittel der Abgeordneten der Regierungspartei UMP seien bereit, einen Gesetzentwurf zum Verbot des den ganzen Körper verhüllenden Kleidungsstücks einzubringen, erklärte der UMP-Fraktionsvorsitzende. Ihm schwebt vor, das Tragen der Burka in der Öffentlichkeit mit 750 Euro Geldbuße zu belegen. Diejenigen, die eine Frau zum Burka-Tragen verpflichteten, sollten noch höher bestraft werden können.

Dagegen ließen andere Regierungsmitglieder auch aus der eigenen Partei erkennen, ihnen wäre eine Parlamentarische Entschließung lieber. Das wäre ein Dokument, das keinen rechtsverbindlichen Charakter hat. Die Parlamentarier könnten so ihre Ablehnung der Burka zum Ausdruck bringen, ohne ein eigenes Gesetz zu schaffen. Denn einigen Politikern, aber auch Juristen macht Sorge, dass ein Gesetz zu einem einzelnen Tatbestand den Rechtsprinzipien widersprechen könnte; ähnlich dem jüngst per Volksentscheid in der Schweizer Verfassung verankerten Minarettverbot.

"Die Burka ist auf dem Gebiet Frankreichs nicht willkommen"
Der Streit um die Burka dauert schon Jahre. 2008 sorgte ein Fall für Aufsehen, bei dem einer Burka-Trägerin die Einbürgerung verweigert wurde. Staatspräsident Nicolas Sarkozy nutzte den höchst feierlichen Rahmen einer gemeinsamen Sitzung von Nationalversammlung und Senat, um Ende Juni 2009 klar zu machen: "Die Burka ist auf dem Gebiet Frankreichs nicht willkommen."

Wie diese markigen präsidialen Worte auszulegen seien, das erregt seither die öffentliche Debatte. Über mehrere Monate hinweg tagte eine Parlamentarier-Mission, die sich über die Lage und die Lösungen Gedanken machen sollte. Die Politiker hörten Experten an und sogar eine Betroffene, die freilich unverschleiert vor den Abgeordneten auftrat. Das Gremium soll Ende Januar seine Vorschläge unterbreiten. Mit seinen Vorstößen für ein Burka-Verbot hat der UMP-Fraktionschef freilich der Parlamentarier-Mission de facto die Schau gestohlen und die Wirkung genommen.

Doch außerhalb der Regierungspartei findet die Idee eines generellen gesetzlichen Verbotes nur wenig Unterstützung. Der einflussreiche, die liberalen Strömungen des Islam in Frankreich repräsentierende Rektor der Pariser Moschee, Dalil Boubakeur, wies darauf hin, dass die Burka nicht vom Islam vorgeschrieben werde. Allerdings schränke ein gesetzliches Verbot die individuellen Freiheiten unzulässig ein. Einer Parlamentarischen Entschließung steht Boubakeur ebenso offen gegenüber wie einer Verpflichtung, in Schulen, Krankenhäusern oder Verwaltungen sein Gesicht zu zeigen.

Katholische Bischöfe lehnten die Verbotsidee ab
Auch mehrere katholische Bischöfe lehnten die Verbotsidee ab. Aus der Opposition von Sozialisten, Kommunisten und Grünen kam ohnehin Kritik an einem Gesetzesvorhaben. Und selbst der rechtsextreme Front-National-Vorsitzende Jean-Marie Le Pen sprach sich dagegen aus. Noch mehr Gesetze nützten nichts. Bestehende Verbote müssten nur besser angewendet werden.

Die Auseinandersetzung um die Burka folgt sechs Jahre, nachdem in Frankreich ein Verbot des islamischen Kopftuchs in den Schulen des Landes in Kraft getreten ist. Damals untersagten die Abgeordneten indes nicht ein einzelnes Kleidungsstück, sondern jegliche auffälligen religiösen Symbole, also etwa auch große Kreuze oder die jüdische Kipa. Im Gegensatz zum islamischen Kopftuch ist die Burka allerdings nicht weit verbreitet. Unter den geschätzt 3,6 Millionen Muslimen gibt es nach offiziellen Angaben rund 2.000 Burka-Trägerinnen.