Die wichtigsten Ergebnisse des Runden Tisches Missbrauch

Längere Verjährungsfristen und mehr Kinderschutz

Der Runde Tisch zu sexuellem Kindesmissbrauch hat schon vor der letzten Sitzung Beschlüsse gefasst, die zum Teil bereits in die Gesetzgebung eingeflossen sind. Im folgenden ein Überblick über die Ergebnisse der Beratungen

Autor/in:
Jutta Wagemann
 (DR)

Entschädigung

Die für die Opfer wichtigste Frage hat sich der Runde Tisch bis zum Schluss aufbewahrt. Erst in der Abschlusssitzung am Mittwoch soll die endgültige Entscheidung fallen. Die Arbeitsgruppe Justiz des Runden Tisches hat jedoch ein Konzept erarbeitet, das sich weitgehend an den Empfehlungen der Missbrauchsbeauftragten Christine Bergmann (SPD) orientiert. Danach sollen Opfer bei in der Regel verjährten Fällen Hilfen wie etwa Therapien in Höhe von maximal 10.000 Euro finanziert bekommen. Bund und Länder müssen das Geld aufbringen. Barauszahlungen an Betroffene sind nicht geplant. Die Institutionen, in denen es zu Missbrauch kam, sollen selbst die Opfer entschädigen.



Verjährung

Missbrauchsopfer sollen länger als bisher die Möglichkeit erhalten, auf Schadensersatz zu klagen. Die zivilrechtliche Verjährungsfrist soll von derzeit drei auf 30 Jahre verlängert werden, gerechnet ab dem 21. Lebensjahr. Das sieht der Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG)vor, den die Bundesregierung beschlossen hat und der demnächst im Bundestag beraten wird. Ob auch die strafrechtliche Verjährungsfrist von derzeit zehn Jahren verlängert wird, ist noch offen. Zudem sollen Mehrfachvernehmungen der Opfer künftig weitgehend vermieden und die Richter besser fortgebildet werden.



Leitlinien

In den Leitlinien für Institutionen, die den Charakter einer Selbstverpflichtung haben, wird festgelegt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft im Verdachtsfall möglichst schnell einzuschalten sind. Interne Ermittlungen sollen wegen der Verdunkelungsgefahr nicht erfolgen. Die Institutionen, wie etwa Schulen oder Sportvereine, sind zur Anzeige verpflichtet, allerdings ohne Strafbewehrung. Die Anzeige kann zurückgestellt werden, wenn ein Opfer dies ablehnt und keine weiteren Menschen gefährdet sind oder wenn ein Strafverfahren das Opfer gefährden würde. Für solche Entscheidungen soll sich die Institution professionelle Beratung von außen holen. Allerdings darf sich die Institution über den Willen des Opfers hinwegsetzen, um weitere Verbrechen zu verhindern.



Forschung

Um Wissenslücken zu schließen, hat das Bundesforschungsministerium im September 2010 das "Forschungsnetz: Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt - Ursachen, Folgen, Prävention und Therapie" initiiert. Insgesamt fördert das Ministerium über drei Jahre Forschungsprojekte mit 30 Millionen Euro. Im Oktober dieses Jahres stellte der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer erste Ergebnisse einer umfassenden Studie zu sexuellem Missbrauch vor, die im Auftrag des Forschungsministeriums entstand. Daneben soll über Juniorprofessuren das Thema sexueller Missbrauch als Forschungsgegenstand in der Wissenschaft etabliert werden.



Prävention

Einrichtungen wie Schulen oder Sportvereine sollen verbindliche Strukturen zur Vorbeugung sexuellen Missbrauchs etablieren. Dazu gehören ein Kinderschutzkonzept, ein geregeltes Beschwerdeverfahren, ein Managementplan bei Verdachtsfällen und Fortbildungen der Mitarbeiter. Das Kinderschutzgesetz, das zum 1. Januar 2012 in Kraft treten soll, regelt, dass Einrichtungen nur gefördert werden, wenn sie mit dem öffentlichen Träger entsprechende Vereinbarungen geschlossen haben. Zudem muss vor Ort entschieden werden, für welche ehrenamtlichen Tätigkeiten ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt werden muss, in dem auch Sexualdelikte erfasst werden. Allerdings kam im Bundesrat am vergangenen Freitag keine Mehrheit für das Gesetz zustande. Ohne die Zustimmung der Länderkammer können die Regelungen nicht in Kraft treten.