Die Vorbereitungen für die Gottesdienste mit dem Papst laufen auf Hochtouren

Heilige Liturgie und profane Logistik

Auch wenn eine katholische Messe überall auf der Welt dem gleichen Muster folgt: Von der Stange ist nichts, wenn Papst Benedikt XVI. im September in Berlin, Erfurt und Freiburg seine großen Gottesdienste hält. Seit Monaten befasst sich ein eigenes Komitee mit der Vorbereitung der religiösen Feiern.

 (DR)

Schon die Verlegung der Berliner Messe vom Schloss Charlottenburg ins Olympiastadion brachte die Planer wieder ins Grübeln. In der geschlossenen Arena herrscht eine andere Akustik als auf freiem Feld; das verlangt Rücksicht bei der musikalischen Gestaltung und der Vortragsweise von Texten. Die Zeit für die Kommunionausteilung und die Zahl der benötigten Helfer (es sind 600) musste neu kalkuliert werden. Und für eine ehrfürchtige Aufbewahrung der geweihten Hostien kommt, bei allem Respekt vor Hertha BSC, die Umkleidekabine kaum in Frage. Etwa 600 Priester, 750 Chorsänger und 1.500 Ministranten werden Papst Benedikt XVI. unterstützen. Für den Gottesdienst am Abend des 22. September stünden 70.500 Sitzplätze zur Verfügung, Reservierungen seien inzwischen jedoch nicht mehr möglich, sagte der Generalvikar des Erzbistums Berlin, Ronald Rother, am Donnerstag in Berlin. Der Geistliche ist Chefkoordinator des Erzbistums für die Papstvisite. --


"Es gibt keine fertige Liste, die wir einfach abarbeiten könnten", sagt Michael Kahle, Koordinator für die Papst-Gottesdienste seitens der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 2006 wirkt der heute 37-jährige Priester als Zeremoniar am Hohen Dom zu Köln. Aber auch ihn und die drei anderen Mitglieder der Vorbereitungsgruppe - je ein Kleriker aus den vom Papst besuchten Bistümern - stellen die Feiern mit bis zu 100.000 erwarteten Teilnehmern vor neue Herausforderungen. Erst beim schrittweisen Durchgang des Ablaufplans vor Ort "zeigen sich die Schwierigkeiten", so Kahle.



Eine gewisse Routine

Immerhin besitzt der Vatikan eine gewisse Routine mit großen Messen. Benedikt XVI. hat einen eigenen Stab liturgischer Mitarbeiter, an dessen Spitze der 46-jährige Zeremonienmeister Guido Marini. Der schickte kurz nach der Besuchszusage des Papstes ein Merkblatt mit einigen Besonderheiten: Etwa, dass das Oberhaupt zu Beginn des Gottesdienstes, nach der Predigt und nach der Kommunionausteilung einen Moment der Stille wünscht. Auch zur Gestaltung der Fürbitten gibt es Leitlinien.



Dann ging es darum, deutsche Wünsche und vatikanische Erfahrungen abzustimmen. "Es nutzt nichts, wenn wir mit einem fertigen Konzept kommen", sagt Kahle. Was an Gestaltung drin ist, entscheidet sich beispielsweise an den Texten und Gebeten, die das Römische Messbuch für das betreffende Datum vorsieht, aber auch an verfügbaren Chören und Instrumentalensembles. Schon im Frühjahr war das Liturgiekomitee bei Marini im Vatikan, um erste Entwürfe vorzustellen. Umgekehrt kam Marini eine Woche lang im Juli nach Deutschland, um Punkt für Punkt im Einzelnen zu klären. "Wir stehen in regem Kontakt", sagt Kahle.



Eigentlich kleinerer Rahmen sinnvoll

An das Konzept solcher Massengottesdienste gibt es auch Anfragen. Experten etwa im Deutschen Liturgischen Institut in Trier, einer Fachstelle der Deutschen Bischofskonferenz, weisen darauf hin, dass Eucharistiefeiern ihrem Charakter nach eigentlich einen kleineren Rahmen verlangen. Aus organisatorischen Gründen werden für die Kommunion der Gläubigen vorab geweihte Hostien verwendet; das ist aus Sicht von Theologen bedenklich. Zudem, so argumentieren Liturgiewissenschaftler, ist bei solchen Massenfeiern nie auszuschließen, dass an sich nicht zur Kommunion zugelassene Personen das Sakrament empfangen oder sogar Hostien verunehrt werden. Dies stehe in Widerspruch zu der Striktheit, die der Vatikan sonst zeige - etwa beim Kommunionverbot für wiederverheiratete Geschiedene.



Stilfragen anderer Art betreffen die Ausstattung der Papstmessen mit Textilien und liturgischen Geräten: Während das Erzbistum Berlin eigens einen Satz Messgewänder für alle mitfeiernden Priester bestellt und Freiburg einen exklusiven Entwurf für das Gewand des Papstes in Auftrag gegeben hat, greift Erfurt auf Second-Hand-Modelle zurück: Angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Lage im Osten fand Bischof Joachim Wanke es unangemessen, sich tiefer in Kosten zu stürzen als nötig. Er und seine Priester benutzen 70 Messgewänder, die seit dem Weltjugendtag 2005 in einer Kölner Asservatenkammer lagern.



Selbst das Wetter in Thüringen scheint unter Kontrolle

In Steinbach laufen die Vorbereitungen auf den Papstbesuch in der nahe gelegenen Wallfahrtskapelle Etzelsbach am 23. September auf Hochtouren. Der Chefkoordinator der Papst-Visite, Peter Kittel aus Regensburg, räumt ein dass dann in weiten Teilen des thüringischen Eichsfelds Ausnahmezustand herrscht. Für 32 Stunden werden Straßen und eine Autobahn gesperrt. Und die Einwohner mehrerer Orte können ihre Wohnungen nur zu Fuß und auf vorgeschriebenen Wegen verlassen oder erreichen. Ausnahmegenehmigungen gibt es nur in Notfällen: "Ein nicht abgegebener Lottoschein zählt nicht dazu." Die Anreise der bis zu 100.000 erwarteten Pilger glauben Kittel und sein Team durch ein ausgeklügeltes Park- und Shuttle-System im Griff zu haben. Bereits ab 4.00 Uhr morgens sollen Pendelzüge die Pilger im Viertelstundentakt zu den nächstgelegenen Bahnhöfen in Bodenrode und Wingerode bringen.--
--
Schwieriger, sagt Kittel, sei die Organisation des Abmarsches. Um ihn zu entzerren, gibt es auf dem Pilgerfeld bis um 22.00 Uhr ein Kulturprogramm - unter anderem mit Musik von Paddy Kelly von der singenden Kelly-Family, die in den neunziger Jahren international große Erfolge feierte. Abschluss ist ein gemeinsames Nachtgebet aller Akteure, Gäste und Helfer. --
--
Auf dem knapp 20 Hektar großen Pilgerfeld in Etzelsbach sind die Veränderungen schon deutlich sichtbar. Wo bis vor ein paar Wochen Kühe weideten, wühlen jetzt die Baufahrzeuge und werden Wege für Rettungsfahrzeuge und das Papamobil asphaltiert. Neben der Kapelle entsteht ein Hubschrauberlandeplatz. Dort sollen der Papst, die Kanzlerin, der Bundespräsident und andere hochrangige Ehrengäste landen. Insgesamt kommen rund ein Dutzend Helikopter. Denn die Fluggäste gelten als so wichtig, dass sie aus Sicherheitsgründen nicht gemeinsam fliegen dürfen. --
--
Einschränkungen gibt es nicht nur am 23. September selbst. "Das geht schon in den Tagen vorher los", sagt Kittel. Mit Lastwagen und schweren Gerät rollen Bauteile für Bühne und andere Infrastruktur durch Steinbach. Auch mehr als 2.500 Toilettenhäuschen werden dann angefahren.--
--
Trotz der erwarteten Belastungen überwiegt in Steinbach bislang die Vorfreude. Als "quirlig und voller Erwartungen" beschreibt Gemeindepfarrer Franz-Xaver Stubenitzky die Stimmung in der örtlichen Kirchengemeinde. "Wir fassen den Besuch als hohe Auszeichnung, aber auch als wertvolles Geschenk auf", sagt er. "Alle möchten sich so weit einbringen wie möglich und gute Gastgeber sein." Trotzdem haben viele Einwohner noch Fragen. --
--
Ein Unsicherheitsfaktor ist das Wetter. Regnet es, können sich die Felder rund um die Kapelle schnell in Schlammwüsten verwandeln. Doch selbst das haben Kittel und seine Crew offenbar unter Kontrolle. Nachforschungen hätten ergeben, dass es in der Region an einem 23. September seit zehn Jahren nicht mehr geregnet hat. --