Die Vereinten Nationen wollen Rüstungsgeschäfte eindämmen

Fesseln für die Waffenindustrie

Der internationale Waffenhandel ist ein Milliarden-Geschäft. Rüstungsfirmen heizen Kriege an und machen das gewaltsame Austragen vieler Konflikte erst möglich. Jetzt soll ein Abkommen das tödliche Geschäft regulieren.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
 (DR)

Panzer, Artillerie, Kampfjets, Kriegsschiffe, Gewehre, Pistolen, Munition: Mit dem Verkauf ihrer todbringenden Waren machen Rüstungsschmieden blendende Geschäfte. Im Jahr 2010 erlösten alleine die 100 größten Firmen über 400 Milliarden US-Dollar. Die Unternehmen exportieren viele ihrer Waffen auch in Krisenstaaten.



Die Deals heizen somit Kriege an und machen bewaffnete Konflikte erst möglich. Und sie helfen Diktatoren, das eigene Volk zu terrorisieren. Tragisches Beispiel: Syrien. Das Assad-Regime verdankt seine andauernde Gewaltherrschaft vor allem den importierten russischen Waffen.



Bislang können die Händler verkaufen, was der Markt hergibt: Es existiert kein internationaler Vertrag zur Kontrolle von Rüstungstransfers. Das soll sich jedoch ändern: Am Montag wurde in New York eine Konferenz der Vereinten Nationen eröffnet. Bis 27. Juli wollen die UN-Mitgliedsländer ein Abkommen über Waffengeschäfte aushandeln. Dabei handelt es sich aber nicht um eine generelle Verbots-Übereinkunft für Waffendeals.



In dem Abkommen sollen laut UN die "höchst möglichen internationalen Standards" für Geschäfte mit Kriegsgütern festgeschrieben werden. Alle Exporteure und Importeure sollen sich an die gleichen Regeln halten - damit würden die Staaten eine bedeutende Lücke im Völkerrecht schließen. "Die Waffenexportländer müssen sich auf ein robustes Vertragswerk einigen, das Transparenz und Klarheit für Waffengeschäfte bringt", fordern Menschenrechtsaktivisten wie Anna McDonald, Rüstungsexpertin von Oxfam International.



Kaum Konsequenzen für Deutschland

Eine breite Allianz aus Nichtregierungsorganisationen, Pazifisten und Kirchen verlangt vor allem eine "Goldene Regel" zum Verbot von Waffenverkäufen. "Der Vertrag muss den Verkauf und den Erwerb von Waffen ächten, wenn die Güter bei Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts eingesetzt werden könnten", sagt der Rüstungsfachmann der Weltkirchenrates, Jonathan Frerichs. Ferner dürfe mit Waffen keine Entwicklungsarbeit ernsthaft gestört werden und das Abkommen müsse den Transfer an Rebellengruppen oder kriminelle Banden verhindern. Zudem machen sich die Aktivisten für einen wirksamen Kontrollmechanismus stark.



Für Deutschland hätte ein strenges Abkommen kaum Konsequenzen. Zwar ist die Bundesrepublik nach Angaben der renommierten Stockholmer Sipri-Experten das drittgrößte Waffenausfuhrland - hinter den USA und Russland. Die deutschen Exporte genügen aber schon sehr restriktiven Bestimmungen. Für heftige Diskussionen sorgte aber eine geplante Panzerlieferung an Saudi-Arabien.



Ob sich andere Top-Waffenlieferanten Fesseln anlegen lassen, ist laut Diplomaten fraglich. "Zwar will kein Staat den ganzen Verhandlungsprozess in Frage stellen. Aber einige Regierungen planen das Ergebnis ganz klar in ihrem Sinne zu formen", erklärt die Botschafterin Großbritanniens bei der internationalen Abrüstungskonferenz in Genf, Joe Adamson.



Einwände verschiedener Länder

So will China durchsetzen, dass der Vertrag nur für kommerziellen Handel gilt. Transfers von Geschützen, Kriegsschiffen oder Kampfjets von einem zu Staat zu einem anderen Staat im Rahmen von politischen Geschäften wären dann durch einen Pakt nicht abgedeckt. So sperren sich die USA gegen die Nennung von Munition in dem Vertrag. Das US-Außenministerium machte klar: "Die Einbeziehung von Munition wird schwer zu akzeptieren sein." In der Phalanx der Gegner von Munition finden sich auch Russland, Ägypten und - Syrien. Rüstungsgegner warnen indes: Ein Abkommen ohne Munition habe keinen Biss. "Gewehre sind nutzlos ohne Kugeln. Es sind die Kugeln, die Gewehre zu tödlichen Waffen machen", betont Anna McDonald, die Oxfam-Rüstungsexpertin.



Eine Gruppe anderer Staaten, etwa Indien und Vietnam, will den Vertrag nur für fertig produzierte Waffen gelten lassen. Komponenten und Ersatzteile sollten durch das Übereinkommen nicht abgedeckt werden. Wieder schlagen Rüstungsgegner Alarm. Denn Rüstungsfirmen verkaufen ihre Gewehre, Panzer und andere Kriegsgeräte immer öfter nach dem Baukastenprinzip. Robert Lindner, Koordinator bei Oxfam Deutschland für humanitäre Kampagnen warnt: "Der neue Kontrollvertrag darf Tätern keine Schlupflöcher bieten, um sich im Do-it-yourself-Verfahren mit tödlichen Waffen einzudecken."